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Betr. Leseranfrage über 

HYPOGLYKÄMIE

von Dr.Karl Windstosser

Unter Hypoglykämie verstehen wir Zustände vorübergehender oder anhaltender Erniedrigung des Blutzuckerspiegels unter den hormonal regulierten Mittelstand von etwa 100 mg in 100 ml Blut. Sie stellt gewissermaßen das Gegenteil des ebenfalls weit verbreiteten Blutzucker-Anstieges, der Hyperglykämie, dar, in ihrer ausgeprägten, behandlungsbedürftigen Form als Zuckerkrankheit, Diabetes, bekannt. Beide Stoffwechselstörungen zählen zu den Zivilisationskrankheiten, denn wir finden sie nicht bei primitiv und naturnah lebenden Völkern, die sich in einfacher, industriell unbelasteter Weise ernähren und auch sonst vernünftig verhalten.

Der Hypoglykämie liegt eine durch verschiedenartige Dauerbelastung (Streß) und ernährungsmäßiges Fehlverhalten bedingte Störung der Zusammenarbeit mehrerer Drüsen und Regulationssysteme zugrunde. In der Hauptsache sind daran beteiligt die Hypophyse (Vorderlappen), die Nebenniere (Rinde), die Bauchspeicheldrüse (Pankreas) und die Leber.

Besonders empfindlich gegen Blutzuckermangel sind die Zellen des Gehirns und übrigen Nervensystems, womit sich auch die große Mannigfaltigkeit der hypoglykämischen Symptomatik erklärt: Angstgefühl, Zittern, Schwäche, Schweißausbruch, Schwindel, Ohnmacht, Herzklopfeng Reizbarkeit, Zwangsweinen, Gähnen, Konzentrationsmangel, Depression, Schlaflosigkeit, Gliedertaubheit, Muskelkrämpfe, Sehstörungen, Impotenz, Gleichgültigkeit, Verwirrtheitszustände, Persönlichkeitsveränderungen bis hin zu Psychosen, moralischen Entgleisungen und asozialem Verhalten. Solange die Krankheitsursache nicht gefunden ist, wandern solche arme Patienten unter den verschiedensten Diagnosen von Arzt zu Arzt und werden mit allen nur möglichen Mitteln und Methoden erfolglos behandelt, ja, bis zum Selbstmord getrieben. Ich erinnere mich eines Falles, in dem ein bereits mehrfach an Unfällen beteiligt gewesener und vorbestrafter Autofahrer vor Gericht freigesprochen wurde, weil sich bei gründlicher ärztlicher Begutachtung eine anfallsweise auftretende Hypoglykämie mit Bewußtheitstrübung nachweisen ließ. Solche Zustände können sich bis zum lebensbedrohlichen hypoglykämischen Schock steigern, der übrigens auch beim Zuckerkranken nach Überdosierung von Insulin auftreten kann.

Die Behandlung des regulatorischen Blutzuckermangels setzt - ebenso wie die Behandlung jeder chronischen, therapieresistenten Krankheit- sorgfältiges Eingehen des Therapeuten auf die gesamte Persönlichkeit und Lebensweise des Patienten voraus. Mit der raschen Verordnung irgendwelcher blutzuckersteigernder Medikamente ist es nicht getan. Ebenso sinnlos ist die Empfehlung regelmäßiger Einnahme schnell resorbierbarer Kohlenhydrate wie Zucker, Schokolade usw. Gerade dadurch werden nämlich - nicht nur bei dieser Erkrankung, sondern auch beim Gesunden - nach vorübergehendem Blutzuckeranstieg 2 - 3 Stunden später unerwünschte Blutzuckerabfälle weit unter die Norm mit Flauheitsgefühl usw. hervorgerufen. Es sind dies die Menschen, die ohne zweites Frühstück und ausgiebigen Nachmittagskaffee nicht auskommen.

Die wichtigste Ernährungsregel des Hypoglykämikers betrifft also eine möglichst gleichmäßige Verteilung seiner Nahrung auf den Tagesverlauf, unter Deckung des Kohlenhydratbedarfes ausschließlich mit langsam aufschließbaren Vollkornprodukten, die größere Blutzuckerschwankungen von vorneherein verhindern. Eine auch in ihren übrigen

Bestandteilen ausgeglichene, mit Fett und Eiweiß nicht überlastete Vollwertkost ist anzuraten, am besten laktovegetabil mit einem hohen Anteil roher, faserreicher Substanz, die sich auf die Rhythmisierung und Bekömmlichkeit der Verdauungsvorgänge insgesamt günstig auswirkt.

Vollkornprodukte als gekeimtes Korn und in Form anderer Getreidezubereitungen sollten dabei möglichst gleichmäßig auf jede der drei Mahlzeiten verteilt werden. Zucker, Honig, Süßwaren, Weißmehlerzeugnisse, übrigens auch Kartoffeln, sollten im Interesse einer möglichst gleichmäßig verlaufenden Blutzuckerkurve mindestens für längere Zeit ganz gemieden werden.

Da Hypoglykämie meist mit anderen Regulationsstörungen vergesellschaftet ist, sollte auf Erkennung und Normalisierung auch in dieser Richtung hingearbeitet werden: Herdgeschehen (Zähne!), entartete Darmflora, individuell angepaßte Hydrotherapie, abgestuftes Bewegungstraining, Beseitigung geopathischer Störfeldeinflüsse, Harmonisierung der Gesamt-Persönlichkeit durch klassische Homöopathie oder anthroposophische Medizin. Dieser Teil der Behandlung bleibt selbstverständlich der Betreuung durch einen ganzheitserfahrenen Therapeuten vorbehalten. Vieles kann der Hypoglykämiker jedoch selber tun durch Einsicht, Umdenken und Wiederherstellung seiner psychosomatischen Ordnung und Ganzheit.

 

 


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