Prof. Dr. Werner Zabel
Die Ganzheitsmedizin hat einen schweren Verlust erlitten. Erfüllt von tiefer Trauer nehmen wir Abschied von einer säkularen Persönlichkeit, von einem Forscher, Arzt und Lehrer, dem wir unter den Schöpfern einer neuen umfassenden Heilkunde auf naturgesetzlicher Basis wohl unwidersprochen den Rang eines Nestors zuerkennen dürfen. Am 8.3.1978, wenige Wochen nach Vollendung seines 84.Lebensjahres, hat Professor Dr. Werner ZABEL die Schwelle zum ewigen Loben überschritten. Schon mehrere Jahre durch altersbedingte Beschwerden geschwächt, konnte der Körper eine im Verlauf eines Infekts aufgetretene Hepatitis nicht mehr überwinden. Wer das Glück hatte, mit Zabel längere oder kürzere Zeit beruflich und menschlich enger in Verbindung zu stehen, war immer wieder gefesselt von der Ausstrahlung und Wärme, die von dieser Persönlichkeit ausging. Zabel war Arzt, Künstler und Kosmopolit in der umfassendsten Bedeutung dieser Eigenschaften. Da war in jedem Augenblick und in jeder Situation Humanität und Universalität in gleicher Weise spürbar, wie wir ihr im Zeitalter der Technisierung, der Zerrissenheit und Unmenschlichkeit immer seltener begegnen. Zabels beruflicher Lebensweg zeichnet sich aus durch rückhaltlosen Einsatz für den ganzen Menschen und für den kompromisslosen Dienst am „inneren Arzt". Diese Haltung beruhte auf der Kenntnis und Achtung dessen, was die Hochschulmedizin an wissenschaftlichem Denken und Handeln lehrt. Darüber hinaus jedoch war Zabel immer ein Suchender nach der großen umfassenden Heilkunde der Zukunft. Er war aufgeschlossen nicht nur für die Lehren und Leistungen der anerkannten und angesehenen Naturheiler, sondern auch für neue, umstrittene Auffassungen und Methoden, die er unbestechlich-kritisch prüfte und gegebenenfalls in seine Diagnostik und Therapie einzubauen bereit war, sofern nur die geringste Aussicht bestand, daß dem Kranken damit zusätzlich geholfen worden konnte. Frühe Erfahrung durch eigenes Leiden weckte und vertiefte manche Erkenntnis, brachte Begegnungen mit ärztlichen Außenseitern und führte zu einer Lebensweisheit mit all den Konsequenzen, die Zabel später auch von seinen Patienten erwartete. Er wurde zum Lehrer und Vorbild der immer zahlreicher werdenden Hilfesuchenden, fand aber neben Praxis und Klinik in bewundernswerter Weise Zeit für Kongressleitungen, literarische Tätigkeit und Vorträge. Die hauptsächlichen Interessen- und Tätigkeitsbereiche Zabels waren die Homöopathie, die Hydrotherapie, das Heilfasten, die aus dem Schlenzbad entwickelte Hyperthermiebehandlung und als Basis jeden ärztlichen Handelns immer wieder die vorbeugende, heilende und gesunderhaltende Vollwertkost. Der Drang, ungelöste Probleme zu lösen, und die Unerschrockenheit, heiße Eisen anzufassen, konfrontierten Zabel schon früh mit den therapieresistenten Krankheiten, besonders jenen, die zu den schwersten und schicksalhaftesten Aufgaben des Menschen und des Arztes zählen, den Geschwulstleiden. Gerade auf diesem Gebiet bewies Zabel seinen kritischen Sinn und seine heilerische Begabung, indem er das innerhalb und außerhalb der Lehrmeinung Gefundene mit Sorgfalt prüfte und aus dem Bewährten ein neues System der ganzheitsmedizinischen Tumor-Diagnostik und Tumor-Therapie entwickelte. Als Ergebnis diesen Bemühens fand 1953 im Auftrag der Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern der 5. Berchtesgadener Fortbildungskurs unter der Leitung von Zabel statt, erstmals mit dem Thema „Ganzheitsbehandlung der Geschwulsterkrankungen“. Die von Hochschullehrern und Praktikern gehaltenen etwa 25 Referate gipfelten in der These "Der Krebs ist keine örtliche Erkrankung". Obwohl der damalige Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Prof. NEUFFER in seinem Geleitwort betonte, daß die Berchtesgadener Kurse als nützlich und notwendig anzusehen seien, weil für Arzt und Kranken nicht allein das Wissen, sondern auch das Heilen entscheidend sein müsse, konnte sich die vor 25 Jahren gewonnene Erkenntnis seither noch immer nicht durchsetzen gegen die lokalistische Lehre, die unentwegt behauptet, mit Stahl, Strahl und Chemotherapie alles für den Krebskranken Notwendige getan zu haben. Tragischerweise blieben die Bemühungen Zabels um die Fortsetzung der Kurse erfolglos in der Zeit der fortschreitenden Technisierung und Spezialisierung, des Ersatzteildenkens, der Pharmadiktatur, des Computers und der kassenärztlichen Fließbandbetriebe. Noch ist die Ganzheitsmedizin der klinischen Medizin gegenüber in der Defensive. Aber die Zeit des Gesinnungswandels scheint angebrochen zu sein. Auch auf den großen internationalen Krebskongressen wird den Fragen der körpereigenen Abwehr, der Tumor-Immunität und Immunsuppression, der Vielzahl endogener und exogener karzinogener Faktoren, der Stoffwechsel-Begleiterscheinungen und der aus diesen extratumoralen Vorgängen resultierenden ärztlichen Maßnahmen zunehmend Beachtung geschenkt. Es ist der Weg, den Zabel schon vor Jahrzehnten vorgezeichnet hat. Er wird von einem nicht unbedeutenden Kreis aufgeschlossener Kolleginnen und Kollegen verfolgt, denen der Name Zabel und seine Lehre viel bedeuten. Ihre Organisationen und Arbeitsgemeinschaften, Kongresse und Zeitschriften sind der äußere Ausdruck einer vielgestaltigen, undogmatischen, neuen und lebendigen Gesundheits- und Heilkunde. Wir werden immer stolz sein auf Zabel als einen unserer ersten und besten Vorkämpfer. Sein Tod bedeutet für uns, seine Schüler, Gelöbnis und Verpflichtung. Eine in seinem Sinn gepflegte und weiterentwickelte ganzheitliche Wegweisung und Lebenshaltung, Diagnostik und Therapie sollten sich all jene Kolleginnen und Kollegen zu eigen machen, die mit dem heutigen Medizinbetrieb unzufrieden sind und noch abseits stehen. Außerdem sollte es einer großen gemeinsamen Bemühung gelingen, die bis zuletzt gehegte Hoffnung des Verstorbenen zu erfüllen: Die 1972 geschlossene Werner Zabel-Klinik wieder erstehen zu lassen. Hier die wichtigsten Lebensdaten und wissenschaftlichen Werke Zabels: 1919-1925 Medizinstudium in Heidelberg, Innsbruck und Berlin; Fachausbildung in Ophtalmologie bei Prof. WESSELY. 1930 Berührung mit biologischen Heilverfahren durch eigenes Leberleiden. Chefärztliche Tätigkeit an der Augenabteilung des Evangelischen Krankenhauses in Düsseldorf. Weiterbildung in innerer Medizin bei V. BERGMANN, in biologischer Richtung bei ASCHNER , BIRCHER-BENNER, BRAUCHLE, BUCHINGER, in Psychotherapie bei K ÜNKEL. 1934 „Grenzerweiterung der Schulmedizin", Hippokrates-Verlag, Stuttgart. 1935/36 Leitung der diätetischen Abteilung des Rudolf-Hess-Krankenhauses in Dresden. 1937 Eröffnung der eigenen Privatklinik in Berchtesgaden. 1938 "Die Wandlung der natürlichen Lebenabedingungen im letzten Jahrhundert", Müllersche Verlagshandlung, Dresden. 1944 "Die Schlenzkur", gemeinsam mit M. SCHLENZ Hippokrates-Verlag, Stuttgart. 1949-1953 Leitung der Kurse für Ganzheitsmedizin in Berchtesgaden und Herausgabe von Band 1-13 der Schriftenreihe für Ganzheitsmedizin mit den Referaten und Vorträgen dieser Kurse, davon als vorwiegend eigene Beiträge: Band 3 „Das Fasten“, Hippokrates-Verlag, Stuttgart. Band 5 „Die humoralwirksamen Verfahren der alten Ärzten“, Ärzte-Verlag, Giessen. Band 7 „Die Erzeugung eines gesteuerten Fiebers (Schlenzbad)“, Ärzte-Verlag, Giessen. Band 10 „Grundsätzliches zu den Herderkrankungen und Gemeinschaftsarbeit bei der Herdbereinigung“, gemeinsam mit O. VOSS, Ärzte-Verlag, Giessen. Band 12 „Therapie der Herderkrankungen“, gemeinsam mit L. GROTE, M. E. BIRCHER und Chr. FREY, Ärzte-Verlag, Giessen. Band 13 "Ganzheitsbehandlung der Geschwulsterkrankungen" (Sammelreferat über den Fortbildungskurs 1953), Hippokrates-Verlag, Stuttgart. 1959 "Ernährung und Krebs", Band 5 der Schriftenreihe des Zentralverbandes der Ärzte für Naturheilverfahren, Med.Lit.Verlag, Hamburg. 1960 "Ganzheitsbehandlung der Geschwulsterkrankungen", Hippokrates, Heft 22.
1964 „Körpereigene Abwehr gegen Krebs?“ Med.Lit.Verlag, Hamburg; „Hilfe für Krebskranke durch Hebung der Abwehrkraft“ (gutachtliche Äußerung im Issels-Prozeß), Wendepunkt, Bircher-Benner-Verlag, Bad Homburg. 1967 „Die Interne Krebstherapie und die Ernährung des Krebskranken“, Bircher-Benner-Verlag, Bad Homburg. 1970 „Die zusätzliche Therapie bei Geschwulsterkrankungen“, Karl F. Haug Verlag, Heidelberg. 1978 in 2.Auflage. 1972 Altersbedingte Schließung der Klinik. Selbstgewählte Eremitage in den geliebten Bergen Oberbayerns, umsorgt von der getreuen Gefährtin seiner letzten Jahre, Frau Ursula VON BRINCKEN . Beigesetzt im Familiengrab auf dem Friedhof in Berchtesgaden. K. Windstosser |
NEU: www.windstosser-museum.info
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