DENKSCHRIFT

HERRN DR. MED. JOSEF ISSELS,
DEM KÄMPFER FÜR GANZHEITLICHE KREBSTHERAPIE,
ZUM VOLLENDETEN 80.LEBENSJAHR
- ZUM EINTRITT IN DAS 9. LEBENSJAHRZEHNT.

 

issels.jpg (7218 Byte) Von Dr. med. Karl Windstosser 
zum 80. Geburtstav von

DR. MED. JOSEF ISSELS

 

Das vollendete 80. Lebensjahr eines wegen seiner Überzeugung und Leistung ebenso verdienten wie angefeindeten Kollegen gibt Anlaß zu Laudatio und Gratulatio, gleichzeitig zu Gedanken über die grundsätzliche Problematik der Krebsheilkunde. Sie ist identisch mit der Problematik der Medizin unserer Zeit. ISSELS hat wie keiner vor ihm die heute an den Ärztestand gestellte Herausforderung klar erkannt und den Weg zu ihrer Bewältigung mit aller Konsequenz beschritten. Die zweite Hälfte seines bisherigen Lebens diente der einen großen Aufgabe, der ganzheitlichen Auffassung des Krebsgeschehens zum Durchbruch zu verhelfen und den vom Schicksal Krebs Betroffenen bessere Hilfe und häufigere Heilungen zu verschaffen. Wer längere Zeit aus nächster Nähe an diesem Bemühen teilnehmen durfte, erlebte die Intensität, mit der ISSELS von dieser Sendung durchdrungen ist, nur noch dieser Überzeugung lebt und sie auf alle Kollegen, Mitarbeiter und Patienten überträgt. - Doch mag zunächst der schicksalhafte Werdegang des verdienten Jubilars an uns vorüberziehen.

Dr. med. Josef ISSELS wurde am 21. November 1907 in Mönchengladbach geboren. Eindeutig zum ärztlichen Beruf entschlossen, studierte er an verschiedenen Universitäten wie Freiburg, Bonn, München, Wien, Rostock, Düsseldorf, zuletzt Würzburg, wo er 1932 das Staatsexamen ablegte und mit der Arbeit "Über das Krankheitsbild der Leukämie" promovierte. Nach sechsjähriger klinischer Ausbildung in allen Fachgebieten, darunter vier Jahre Chirurgie und verschiedene Naturheilverfahren, ließ sich ISSELS 1938 in seinem Heimatort als praktischer Arzt nieder. Es folgten die Jahre 1939 - 1945 des Wehrmachtdienstes als Sanitätsoffizier. Nach glücklicher Heimkehr aus russischer Gefangenschaft wurde 1946 die Praxis wieder aufgenommen.

Etwa ab 1948 begann ISSELS sich der ambulanten Behandlung klinisch aufgegebener Krebskranker und anderer therapieresistenter chronischer Leiden zu widmen und sich dabei zusätzlich ganzheitlich wirkender, immunstimulierender, umstimmender Mittel und Methoden zu bedienen. Nicht zuletzt verdankte er wesentliche Bereicherungen seines therapeutischen Vorgehens zunehmend und meist zu persönlichen Freundschaften führenden Kontakten zu den damals maßgebenden ganzheitlich orientierten Forschern und Ärzten wie VON BREHMER, ENDERLEIN, HUNEKE, KOLLATH, SEEGER, WEHRLI und anderen. Heute sind deren hervorragende Leistungen zur Grundlage sogenannter "moderner" wissenschaftlicher Forschungen und Erkenntnisse der Schule geworden, ohne daß allerdings die damit verbundenen Namen immer die ihnen gebührende Würdigung finden.

Mit dem Mut und der Zuversicht des berufenen Arztes spezialisierte sich ISSELS auf derart erweiterter Basis mehr und mehr auf das von der Schule damals völlig vernachlässigte Gebiet der "Ganzheitsmedizin“ und erzielte damit erste Behandlungserfolge. Ab 1950 stand ihm eine Belegstation mit 30 Betten im Maria-Hilf-Krankenhaus in Hehn bei Mönchengladbach zur Verfügung, die sich rasch mit vorwiegend inkurablen Krebskranken aus der näheren und weiteren Umgebung füllten. Dadurch wurde ISSELS schon damals auch im Ausland bekannt. Die Stiftung eines holländischen Patienten in Höhe von DM 150.000 ermöglichte ihm 1951 die Gründung der Ringbergklinik in Rottach-Egern, zur Behandlung Inkurabler. Damit existierte das erste hochschulunabhängige Zentrum für ganzheitsmedizinisch-onkologische Therapie und Forschung im europäischen Raum. Von Anfang an wurde hier das Ziel verfolgt, den, mit konventionell-klinischen Methoden, also Stahl und Strahl "ausbehandelten" Krebskranken sowohl bewährte alte als auch laufend zu verbessernde neue, immunitätsfördernde Behandlungsweisen anzubieten und ihnen damit die bisher vorenthaltene Chance der Besserung, des Rezidiv- und Metastasenschutzes, der Lebensverlängerung oder auch Heilung zu geben. Der Anteil der prognostisch infausten Stadien lag unter der wachsenden Zahl Hilfesuchender weiterhin laufend um 90 %.

Die von ISSELS vertretene Auffassung betrachtet im Gegensatz zu dem bis dahin - und leider vorwiegend noch heute - geltenden lokalistischen Dogma den Krebs in allen seinen Formen und Stadien als eine generelle, systemische Erkrankung, die Geschwulst als deren in Erscheinung tretende Endphase. ISSELS setzte sich damit in einen unweigerlich zum Konflikt führenden Widerspruch zu der herrschenden, damals gegenüber heute noch unduldsameren Lehrmedizin. Deren Feindschaft wurde dadurch weiter gesteigert, daß die Ringbergklinik zunehmend Heilerfolge aufzuweisen hatte, die durch mehr oder weniger seriöse Berichte in der Boulevardpresse der Öffentlichkeit bekannt wurden. Begriffe wie "Immunität", "Selbstregulation", "körpereigene Abwehr" usw., damals noch fanatisch abgelehnt, werden heute auf den großen internationalen Krebskongressen und in den klinischen Tumorzentren z.T. bereits durchaus ernstgenommen und diskutiert.

1952 verfügte ISSELS über hinreichend klinische Erfahrung, um ein vielbeachtetes Referat gelegentlich der von Professor ZABEL geleiteten ersten großen Krebstagung in Berchtesgaden zu halten. Diese fand statt auf Veranlassung der damaligen Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen Ärztekammern unter deren Präsidenten OELEMANN und sollte einer fruchtbaren Begegnung orthodoxer Onkologen mit

Vertretern der alternativen Richtung dienen. U.a. waren damals anwesend die Professoren ALBERS, AULER, K.H. BAUER, FELIX, HINSBERG, KOLLATH, LAMPERT, LETTRE, PISCHINGER, SIEGMUND, außerdem viele der biologischen Richtung nahestehende Ärzte wie GERSON, GRANDEL, KRETZ, LEROI, WEHRLI u.a. ISSELS war das Schlußreferat aus dem Grund zuggeteilt worden, weil sein ganzheitliches Konzept sowohl die Behandlung des Krebstumors mit den konventionellen Methoden als auch die Behandlung des krebskranken Menschen mit immunbiologischen Maßnahmen umfaßt. Er forderte im Interesse der Inkurablen, die damals immer noch 82 % aller Krebskranken ausmachten, eine gleichberechtigte Zusammenarbeit zwischen Schulmedizin und biologischer Medizin. Sein Appell erhielt damals großen Beifall von beiden Richtungen. Man trennte sich mit der

Versicherung gegenseitigen Wohlwollens, dem Wunsch künftig engerer Zusammenarbeit und der Hoffnung, "daß auch die Forschung Anregungen bekommen habe" (33). Aber die Zeit dazu war noch nicht reif. Die Zwietracht im großen Rahmen blieb, die Lehrmedizin bekämpfte weiterhin - unter dem beherrschenden Einfluß des führenden Krebschirurgen und damaligen Präsidenten der Deutschen Krebsgesellschaft Professor K.H. BAUER - unerbittlich jede nicht linientreue Forschung und Therapie. Daran änderte auch nichts die Tatsache,

daß noch im gleichen Jahr eine Kommission der Professoren BAUER (Bonn),BINGOLD (München) und SIEGMUND (Münster) die Ringbergklinik besuchte, die daraufhin als "förderungswürdig" anerkannt wurde und eine Stiftung von DM 10.000 erhielt.

1953 veröffentlichte ISSELS die Monographie "Grundlagen und Richtlinien für eine interne Krebstherapie" (1) als ersten wissenschaftlichen Bericht über die bis dahin an bereits über 1000 Patienten gesammelten Erfahrungen und Forschungsergebnisse. Die Arbeit stand unter dem Motto "Das Krebsproblem ist das Problem der Unheilbaren".

1954 besuchte im Auftrag der Ruhrknappschaft/ Bochum Professor BLUMENSAAT die Klinik, um eine eventuelle Übernahme der dort entwickelten Krebstherapie in die Krankenhäuser der Ruhrknappschaft in Erwägung zu ziehen. Es verblieb jedoch bei Anerkennung der Erfolge und wohlwollenden Empfehlungen.

1955 wurde die Ringbergklinik von Dr. WEILER, dem damaligen Präsidenten der Bayerischen Ärztekammer, besucht. Dieser überwies in der Folge selbst Patienten. Im gleichen Jahr konnte die erste 5-Jahresheilung einer im inkurablen Stadium übernommenen Patientin mit klinisch nachgewiesenem Rezidiv eines Unterleibskarzinoms dokumentiert werden, nachdem schon vorher in mehreren Fällen Rückbildungen fortgeschrittener Malignome unter ganzheitsmedizinischimmunkompetenter Behandlung beobachtet worden waren. Die Klinik wurde von 36 auf 85 Betten erweitert.

1959 wurden die bis dahin erzielten Heilerfolge von neutraler Seite überprüft. Als Ergebnis veröffentlichte AUDIER, vormals Leiter des Laboratoriums für Krebsforschung am Tropenmedizinischen Institut in Leiden/Holland die Studie "Immuntherapie metastasierender Malignome" (57 ). Darin wird an Hand der klinischen Unterlagen nachgewiesen, daß von 252 einwandfrei dokumentierten, klinisch als inkurabel erklärten Patienten mit histologisch gesicherten metastasierten Karzinomen 42, d.h. 16,6 % die Fünfjahresgrenze erreicht hatten. Der Bericht schließt mit der Forderung, "die operierten und bestrahlten Patienten einer immunologischen Nachbehandlung zuzuführen, um die Gefahr der Metastasierung zu verringern und dadurch die Heilungsziffern zu erhöhen" und daß zu diesem Zweck eine "enge Zusammenarbeit zwischen Chirurgie, Radiologie und interner Tumortherapie" anzustreben sei.

Diese und weitere Beweise eindeutiger Erfolge bei den immer zahlreicher werdenden Patienten konnten ISSELS nicht schützen vor böswilligen Angriffen und heimtückischen Verleumdungen, die schließlich sogar aus den Reihen eingeschleuster Mitarbeiter kamen. Wie sich später im Prozess herausstellte, wurde bereits seit 1955 von höherer Stelle belastendes Material gesammelt, und es bedurfte nur noch eines äußeren Anlasses in Form von vagen Anschuldigungen unzufriedener Patienten, daß ISSELS im September 1960 ohne jede Vorwarnung aus der Praxis heraus verhaftet und zur Schließung seiner Klinik gezwungen wurde. Man warf ihm u.a. vor, vier Operationsverweigerern nicht dringend genug zur Operation geraten und in drei weiteren aussichtslosen Fällen Heilung versprochen zu haben.

Außer den drei Monaten Untersuchungshaft zog sich der hauptsächlich von der Bayerischen Ärztekammer und deren Präsident SEWERING betriebene Prozeß vier Jahre durch mehrere Instanzen hin. Dabei ging es laut dokumentierter Aussage des Untersuchungsrichters keineswegs etwa allein um den angeklagten Arzt ISSELS, sondern um die viel weitergehende (und noch heute unverholen verfolgte) Absicht, einen Musterprozeß gegen die Außenseitermedizin insgesamt zu führen. Wäre es nämlich damals zu einer Verurteilung gekommen, so hätte man "Hunderten gleichgesinnter Ärzte in Deutschland die Praxis geschlossen" (wörtliches Zitat aus 29). Dies wiederum hätte nichts anderes bedeutet, als daß die Weiterentwicklung der ganzheitlichimmunologischen Krebstherapie zumindest auf Jahrzehnte unterbunden worden wäre.

Glücklicherweise kam es dazu nicht. Im Dezember 1964 endete der "Krebsprozeß des Jahrhunderts" - im Berliner Ärzteblatt Nr.1/1965 wurde er als "Krebskongreß" apostrophiert - mit dem Freispruch in allen Punkten der Anklage und der vollen Rehabilitation von ISSELS. Entscheidend beeindruckt war das Gericht von der Vorstellung 32 geheilter Patienten sowie von den positiven Äußerungen verschiedener Experten, unter denen vor allem ZABEL (58) durch sein berühmt gewordenes Gutachten hervorstach.

Was die Gutachter der Anklage vorzubringen hatten, war wilderspruchsvoll und wenig überzeugend. Im blinden Eifer, der Ganzheitstherapie nur ja nicht die geringsten Zugeständnisse zu machen, entwürdigte man sich bis zum Einwand "möglicher eigener Fehldiagnosen“. ISSELS war nicht Angeklagter sondern Sieger, und mit ihm eine Heilkunde, für die nicht mehr das Symptom, sondern der Kranke in seiner gesamten Persönlichkeit im Mittelpunkt steht. Der Prozeß, über dessen verschiedene Stadien laufend in der Tagespresse breit, in den medizinischen Zeitschriften wesentlich diskreter berichtet wurde, offenbarte die Schwäche der lehrmedizinischen Position auf dem Gebiet des Krebsgeschehens. Manche jubelten damals zu früh über den ersehnten Sieg der orthodoxen Front über die "Kurpfuscherei“. Noch eineinhalb Jahrzehnte später äußerte sich MILDRED SCHEEL wörtlich und bis heute unwidersprochen, aber in völliger Verkennung der Tatsachen: "Ich bin stolz, zu denen zu gehören, die ISSELS kaputt gemacht haben" (65).

Die Ringbergklinik diente während der Zeit ihrer Schließung kurioserweise der ARGE Bochum als Nachkurheim für orthodox-onkologisch behandelte Krebspatienten. Sie wurde von ISSELS im September 1965 nach abermaliger Erweiterung mit nunmehr 120 Betten wiedereröffnet und verfügte damals über 10 ärztliche Mitarbeiter, 2 Professoren, unter diesen Prof. GERLACH als Leiter des Immunlabors (der seit 1927 mit Mykoplasmenforschung befaßt war und eine Vakzine zur Krebsbehandlung entwickelt hatte), 175 Angestellte und Schwestern, ferner eine Röntgenanlage, Zahnstation, mehrere Labors, Versuchstierställe usw. Mit dieser Ausstattung und einer kaum zu bewältigenden Nachfrage Hilfsbedürftiger aus Nah und Fern blieb die ISSELS-KLINIK weiterhin Gegenstand weltweiten Interesses.

Angeregt durch erfolgreiche Behandlungen englischer Patienten und als Vorbereitung einer Televisions-Sendung kam es zwischen 1967 und 1970 zu einer eingehenden Überprüfung der ISSELSschen Therapieerfolge durch Ärzte des Departments ."Science and Features" der BBC London. In deren Auftrag besuchte Professor J. ANDERSON vom King’s College Hospital, Medical School, London, Mitglied der Welt-Gesundheits-Organisation (WHO), die Ringbergklinik. Er bestätigte in einer randomisierten Studie an 570 Patienten die bei 17 % liegende Fünfjahres-Heilungsquote der als "inkurabel" übernommenen Patienten und erstellte ein Gutachten (59), aus dem folgende Passagen zitiert seien:

"l. Die Routinebehandlung, die in der Ringbergklinik unter Dr. Issels für Krebskranke mit und ohne Metastasen durchgeführt wird, ist einzigartig. Soweit ich bislang weiß, existiert diese Behandlung in keiner anderen Klinik in der Form wie sie Dr. Issels praktiziert. Aufgrund einer Besichtigung der Klinik und ihrer Patienten und an Hand statistischer Beweise hinsichtlich der Überlebensdauer dieser Patienten habe ich die Überzeugung gewonnen, daß hier ein neuer Weg der Krebsbehandlung beschritten wurde. Es scheint dies eine beträchtliche Verbesserung zu bedeuten gegenüber den üblicherweise zur Verfügung stehenden Methoden.

2. Die Behandlung besteht im wesentlichen darin, diejenigen normalen Körperfunktionen anzuregen, die für die Auseinandersetzung mit den Krebszellen kompetent sind, und diese so zu unterstützen, daß sie eine natürliche Remission der Krankheit bewirken. Einige der Fälle, die ich in der Klinik sah, würden von Ärzten in England als hoffnungslos betrachtet. Mein Gesamteindruck: Die Issels'sche Krebsbehandlung ist einzigartig und stellt eine wegweisende Lösung des schwierigen Krebsproblems dar.

Issels ist ein fähiger Arzt, ein kluger und gründlicher Kliniker, dessen Prinzipien und Anwendungen der Medizin ich bewundere. Er ist ein kluger Beobachter klinischer Zustandsveränderungen und hat wahrscheinlich mit seinen 6000 Patienten mehr praktische Erfahrung in der Behandlung Krebskranker gesammelt als irgendjemand sonst. Es gibt keinen Zweifel daran, daß er ehrlich ist in dem, was er tut, und in den Ergebnissen, die er erzielt. Er hat gutes und befähigtes Ärzte- und Pflegepersonal. Das Zahlenverhältnis zwischen Personal und Patienten ist höher, als man es üblicherweise im United Kingdom findet.

Mein Gesamteindruck ist, daß es sich um eine gut geführte Klinik handelt, in der die besten klinischen Voraussetzungen der Medizin erfüllt sind.

3. Ich bin bereit, einen klinischen Doppel-Blindversuch im Department of Medicine im King's College Hospital durchzuführen, um die Issels'sche Therapie soweit wie möglich unter den Bedingungen, unter denen ich sie beobachtet habe, zu wiederholen und zu überprüfen. Unter bestimmten Voraussetzungen sollte es möglich sein, eine solche Versuchsreihe im Sommer 1969 zu beginnen. Erste Angaben über Ergebnisse könnten gegen Ende des Jahres zugänglich gemacht werden. Es würde sich hierbei allerdings nur um vorläufige Eindrücke handeln, und ich bezweifle, ob wir irgendwelche konkrete Resultate vor Sommer 1970 oder später erwarten dürften, weil dies von der Überlebensdauer jener Patienten der Kontrollgruppe abhängt, die mit den Üblichen Methoden behandelt wurden.

Zusammenfassend stelle ich fest, daß Dr. Issels für Ärzte und Patienten des United Kingdom einen interessanten neuen Weg der Krebsbehandlung anzubieten hat. Die Angelegenheit Issels ist außerdem von großem menschlichen Interesse. Ohne Zweifel ist er eine bemerkenswerte Persönlichkeit. Er tut etwas, was dringend notwendig ist. Er erzielt zweifellos klinische Remissionen bei Patienten, die als hoffnungslos und ausbehandelt angesehen werden. Selbst dann, wenn die erreichten Besserungen nicht lange anhalten, strebt Issels an, daß die Patienten ihr Leben in einer lebenswerten und ausgefüllten Weise zu Ende leben, wie es ihnen sonst nicht möglich wäre. Dieses Projekt verdient ebenso Anerkennung wie die Arbeit von Ciceley Saunders, die sich für unheilbare Fälle im United Kingdom einsetzt" (sc. St.Christophers Hospiz).

Mehrere britische wie aus anderen Ländern kommende Ärzte beurteilten die Ringbergklinik ebenfalls günstig und veröffentlichten ihre diesem Expertenbericht entsprechenden Beobachtungen.

Die BBC drehte daraufhin einen 60-Minuten-Dokumentarfilm über die Ringbergklinik und die dort durchgeführte Therapie mit dem Titel "Go and Climb a Mountain". Er wurde 1970 in London ausgestrahlt und fand in der englischen Öffentlichkeit bei Medizinern und Laien ein großes Echo, denn er bewies nicht mehr und nicht weniger, als daß durch gezielte Ganzheitstherapie Krebskranke selbst in fortgeschrittenen Stadien mit einer Quote bis zu 17% geheilt werden können. Ebenso aufsehenerregend war die unmittelbar nach dem Film landesweit ausgestrahlte wissenschaftliche Diskussion in der Royal Institution zwischen führenden Onkologen aus mehreren europäischen Ländern. Bezeichnenderweise war die Bundesrepublik Deutschland bei dieser wichtigen Gelegenheit durch ihre sonst keineswegs zurückhaltenden Sprecher der orthodoxen Onkologie nicht vertreten.

Im gleichen Jahr erschien die ISSELsche Arbeit "Immunotherapy in Progressive Metastatic Cancer: A Fifteen-Year Survival Follow-up“ in Clinical Trials Journal (24). In dieser Studie berichtet der Autor erstmals über die metaphylaktisch erzielbaren Erfolge mit der auf seinem Konzept beruhenden immunbiologischen Nachbehandlung. Bei 375 "erfolgreich" operierten und/oder bestrahlten Patienten mit verschiedenen Malignomen konnte die Rezidivquote, die laut Weltstatistik innerhalb der postoperativen Fünfjahresspanne bei rund 50% liegt, auf 13% verringert, d.h. die Zahl der Dauerheilungen um 37% auf 87% gesteigert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Ganzheitstherapie nicht immer zum wünschenswert frühesten Zeitpunkt begonnen werden kann. In der gesamten Weltliteratur ist bis heute keine derart effiziente Einflußnahme auf infauste Krankheitsverläufe bei Tumorpatienten veröffentlicht.

Es konnte nicht ausbleiben, daß die britische Ärzteschaft in ähnlicher Weise wie 10 Jahre vorher die Bayerische Ärztekammer an solcher Publicity einer unkonventionellen und erfolgreichen Therapie Anstoß nahm. Auf Veranlassung des Joint-Co-Ordinating-Committee on Cancer Research (etwa dem Deutschen Krebsforschungs-Zentrum entsprechend) besuchte im Januar 1971 eine Gruppe englischer Ärzte unter Professor SMITHERS die Ringbergklinik. Man wollte sich ein "unvoreingenommenes Urteil" über die dort geleistete Arbeit bilden. Zur unbehinderten Verfügung gestellt wurden die Krankenblätter der damals in stationärer Behandlung stehenden Krebspatienten sowie 48 ausgewählter, früher behandelter geheilter Patienten. Von diesen konnten 33 persönlich vorgestellt werden. Sie befanden sich nach einem Zeitraum von bis zu 21 Jahren in tumor- und beschwerdefreiem Zustand. Nach einer dreitägigen Überprüfung kam ein Report zustande, der praktisch alle - schon vor Behandlungsbeginn in der Ringbergklinik anderwärts klinisch exakt dokumentierten Malignomdiagnosen in Frage stellte und mit dieser Begründung die von ISSELS erzielten Heilerfolge rundweg bestritt, freilich nicht, ohne die Führung der Klinik und die Betreuung der Patienten als "hervorragend" zu loben.

Das britische Ärzteteam scheute sich trotz des erdrückenden Beweismaterial nicht, mehrere 100 international angesehene Universitäts-Professoren, die an der Diagnosestellung und der daraufhin durchgeführten orthodoxen Therapie beteiligt waren, zu disqualifizieren. Richtigstellungen erfolgten von verschiedenen Seiten (25, 26, 61,62,64). Handelte es sich doch ganz offensichtlich und einmal mehr um den infamen Versuch der Diskriminierung, wenngleich "auf die feine englische Art". Noch im gleichen Jahr wurde ISSELS übrigens eingeladen, vor der Royal Medical Society in Edinburgh, Schottland, einen Vortrag zu halten. Er sprach über "Results of Internal Therapy of Advanced Cancer” (35).

1972 folgte als Zusammenfassung zwanzigjähriger Erfahrung in der ganzheitsmedizinischen Krebstherapie das Buch "Mehr Heilungen von Krebs", in dem ISSELS sein Konzept und die darauf aufgebaute Behandlung beschreibt (27).

Zwischen 1971 und 1974 fanden Seminare und Vorträge von ISSELS an bekannten Instituten und Universitäten des Auslandes statt, so vor der University Medical Society in Oxford

(England), am Sloan-Kettering-Institute in New York (USA), an der Graduate University in Philadelphia (USA) und McGill University in Montreal (Kanada) (36, 37, 38, 39).

1975 veröffentlichte ISSELS im Verlag Hodder & Stoughton, London, (der auch The Lancet herausgibt) sein Buch: "Cancer: A Second Opinion“ (28). Im gleichen Jahr und dem selben Verlag wurde er von GORDON THOMAS durch die Publikation "Issels: The Biography of a Doctor“ (63) gewürdigt. Dieser Autor schrieb ferner - erschienen bei Peter M. Wyen in New York - "Dr.Issels and his Revolutionary Cancer Treatment“ (64). Darin werden wörtlich mündliche und schriftliche Äußerungen führender Mitglieder der oben erwähnten englischen Kommission unter SMITHERS zitiert, die beweisen, daß man sich unter dem Vorwand einer "unvoreingenommenen" Überprüfung bereits vor dem Besuch der Ringbergklinik auf eine strikte Ablehnung der dort praktizierten Therapie und damit erzielten Erfolge festgelegt hatte.

Um die Mitte der siebziger Jahre, etwa 10 Jahre nach dem Ende der prozeßbedingten Pause und ihrer Wiedereröffnung, wurde die florierende Klinik in Rottach-Egern aus zwingenden äußeren Gründen geschlossen und als Tagesklinik im benachbarten Bad Wiessee weitergeführt. Die Tatkraft ihres Leiters blieb durch diese Ereignisse jedoch ungemindert, und der Strom der Hilfesuchenden riß nicht ab. Neben der täglichen Praxisarbeit fand ISSELS in den Jahren 1976 bis 1984 zeit für weitere Vorträge sowohl in der Bundesrepublik (40, 41, 43, 46, 47, 48, 49, 50, 51, 52, 53, 54, 55) als auch im Ausland: Florenz (42), New York (44), Schweden (45).

 

1985 begann die seit Jahrzehnten schonungslos strapazierte Gesundheit ihren Tribut zu fordern. ISSELS zog sich ungeachtet fehlender Nachfolge aus der aktiven Tätigkeit in Klinik und Praxis zurück. An der Seite seiner, ihm in allen Höhen und Tiefen unermüdlich zur Seite stehenden Frau hielt er sich während der letzten Jahre wiederholt monatelang im sonnigen Florida auf, allerdings nicht, ohne auch von dort aus die seit Jahren bestehenden kollegialen Verbindungen zu vertiefen und zu erweitern. Es hat allen Anschein, daß sich dieser rastlose Geist auch im 81. Lebensjahr und im beiläufig 50. Jahr des von ihm eingeschlagenen beruflichen Weges keineswegs auf seinen historischen Verdiensten auszuruhen gedenkt.

Es gibt noch viel zu tun, um die sich zögernd anbahnende Aufgeschlossenheit der Lehrmedizin durch überzeugende Argumente wachsen zu lassen. Welchen Schwierigkeiten wir dabei immer noch gegenüberstehen, zeigte einmal mehr der gegen jede Art von Alternativmedizin gerichtete Grundtenor der Therapiewoche und des Krebskongresses 1987, Auch gewisse tendenziöse Veröffentlichungen während der letzten Jahre (Fußnote: Deutsche Krebsgesellschaft: "Krebsmedikamente mit fraglicher Wirksamkeit", Aktuelle Onkologie Band 11, ferner: "Unkonventionelle Methoden in der Krebstherapie“, Aktuelle Onkologie Band 20. Beides bei W.Zuckschwerdt Verlag München-Bern-Wien. ) signalisieren den Widerstand gegen alle Bemühungen um eine Erweiterung der Onkologie über ihre doktrinären Grenzen hinaus. Unter diesen Umständen ist zu befürchten, daß vereinzelte zustimmende Äußerungen prominenter Schulmediziner nur rhetorische Bedeutung haben, wenn etwa die Professoren SCHUMACHER oder GILLMANN in einer Südwestfunk-Fernsehdiskussion am 1.11.85 zögernd zugeben „ ... das Verdienst von Dr.Issels, daß er schon sehr frühzeitig sich angelegt hat mit Dogmen „... und er habe „...sehr früh die ganze Ärzteschaft darauf hingewiesen, daß es eine begleitende Behandlung geben muß...“ zu der bis heute ausschließlich geltenden Tumortherapie (66).

Immerhin wären solche Worte vor 30 Jahren noch nicht möglich gewesen. Daß dies heute geschehen kann, ist dem Lebenswerk ISSELS’ zu verdanken. Er hat vor 35 Jahren die von ihm erarbeiteten "Grundlagen und Richtlinien für eine interne Krebstherapie“ (1) bekanntgegeben und die Effizienz dieses neuen Konzeptes an zehntausenden Kranken nachgewiesen. Damit wurde der Weg beschritten zur längst fälligen Synthese zwischen der rein lokalistisch-symptomatischen Behandlung des Tumors und der holistisch-immunologisch-regenerativen Behandlung des Tumorkranken. Beide Therapieformen sind gleichberechtigt, beider Einsatz ist das Recht der Krebskranken.

Eine unaufhaltsam wachsende Gemeinschaft ganzheitsmedizinisch denkender und handelnder Kolleginnen und Kollegen in aller Welt wünschen ihrem Wegbereiter, daß er bei zufriedenstellender Gesundheit, ungebeugt von der Last der Jahre und des Kampfes noch lange unter uns weilen möge. Unser Geburtstagsgeschenk an den Jubilar sei der Dank und die Gewißheit, daß seine Saat an vielen Stellen aufgegangen ist und Wurzeln geschlagen hat. Der Name ISSELS wird mit der angebrochenen Reform ärztlicher Einstellung zum Krebsgeschehen untrennbar verbunden bleiben. Wir sind stolz, einen der bedeutendsten Ärzte des 20. Jahrhunderts in unseren Reihen zu haben.

 

K. Windstosser

 

 


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