DENKSCHRIFT
HERRN DR. MED. JOSEF ISSELS,
DEM KÄMPFER FÜR GANZHEITLICHE KREBSTHERAPIE,
ZUM VOLLENDETEN 80.LEBENSJAHR
- ZUM EINTRITT IN DAS 9. LEBENSJAHRZEHNT.
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Von Dr. med. Karl Windstosser
zum 80. Geburtstav von
DR. MED. JOSEF ISSELS
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Das vollendete 80. Lebensjahr eines wegen seiner Überzeugung und
Leistung ebenso verdienten wie angefeindeten Kollegen gibt Anlaß zu
Laudatio und Gratulatio, gleichzeitig zu Gedanken über die
grundsätzliche Problematik der Krebsheilkunde. Sie ist identisch mit
der Problematik der Medizin unserer Zeit. ISSELS hat wie keiner vor ihm
die heute an den Ärztestand gestellte Herausforderung klar erkannt und
den Weg zu ihrer Bewältigung mit aller Konsequenz beschritten. Die
zweite Hälfte seines bisherigen Lebens diente der einen großen
Aufgabe, der ganzheitlichen Auffassung des Krebsgeschehens zum
Durchbruch zu verhelfen und den vom Schicksal Krebs Betroffenen bessere
Hilfe und häufigere Heilungen zu verschaffen. Wer längere Zeit aus
nächster Nähe an diesem Bemühen teilnehmen durfte, erlebte die
Intensität, mit der ISSELS von dieser Sendung durchdrungen ist, nur
noch dieser Überzeugung lebt und sie auf alle Kollegen, Mitarbeiter und
Patienten überträgt. - Doch mag zunächst der schicksalhafte Werdegang
des verdienten Jubilars an uns vorüberziehen.
Dr. med. Josef ISSELS wurde am 21. November 1907 in Mönchengladbach
geboren. Eindeutig zum ärztlichen Beruf entschlossen, studierte er an
verschiedenen Universitäten wie Freiburg, Bonn, München, Wien,
Rostock, Düsseldorf, zuletzt Würzburg, wo er 1932 das Staatsexamen
ablegte und mit der Arbeit "Über das Krankheitsbild der
Leukämie" promovierte. Nach sechsjähriger klinischer Ausbildung
in allen Fachgebieten, darunter vier Jahre Chirurgie und verschiedene
Naturheilverfahren, ließ sich ISSELS 1938 in seinem Heimatort als
praktischer Arzt nieder. Es folgten die Jahre 1939 - 1945 des
Wehrmachtdienstes als Sanitätsoffizier. Nach glücklicher Heimkehr aus
russischer Gefangenschaft wurde 1946 die Praxis wieder aufgenommen.
Etwa ab 1948 begann ISSELS sich der ambulanten Behandlung klinisch
aufgegebener Krebskranker und anderer therapieresistenter chronischer
Leiden zu widmen und sich dabei zusätzlich ganzheitlich wirkender,
immunstimulierender, umstimmender Mittel und Methoden zu bedienen. Nicht
zuletzt verdankte er wesentliche Bereicherungen seines therapeutischen
Vorgehens zunehmend und meist zu persönlichen Freundschaften führenden
Kontakten zu den damals maßgebenden ganzheitlich orientierten Forschern
und Ärzten wie VON BREHMER, ENDERLEIN, HUNEKE, KOLLATH, SEEGER, WEHRLI
und anderen. Heute sind deren hervorragende Leistungen zur Grundlage
sogenannter "moderner" wissenschaftlicher Forschungen und
Erkenntnisse der Schule geworden, ohne daß allerdings die damit
verbundenen Namen immer die ihnen gebührende Würdigung finden.
Mit dem Mut und der Zuversicht des berufenen Arztes spezialisierte
sich ISSELS auf derart erweiterter Basis mehr und mehr auf das von der
Schule damals völlig vernachlässigte Gebiet der "Ganzheitsmedizin“
und erzielte damit erste Behandlungserfolge. Ab 1950 stand ihm eine
Belegstation mit 30 Betten im Maria-Hilf-Krankenhaus in Hehn bei
Mönchengladbach zur Verfügung, die sich rasch mit vorwiegend
inkurablen Krebskranken aus der näheren und weiteren Umgebung füllten.
Dadurch wurde ISSELS schon damals auch im Ausland bekannt. Die Stiftung
eines holländischen Patienten in Höhe von DM 150.000 ermöglichte ihm
1951 die Gründung der Ringbergklinik in Rottach-Egern, zur Behandlung
Inkurabler. Damit existierte das erste hochschulunabhängige Zentrum
für ganzheitsmedizinisch-onkologische Therapie und Forschung im
europäischen Raum. Von Anfang an wurde hier das Ziel verfolgt, den, mit
konventionell-klinischen Methoden, also Stahl und Strahl "ausbehandelten"
Krebskranken sowohl bewährte alte als auch laufend zu verbessernde
neue, immunitätsfördernde Behandlungsweisen anzubieten und ihnen damit
die bisher vorenthaltene Chance der Besserung, des Rezidiv- und
Metastasenschutzes, der Lebensverlängerung oder auch Heilung zu geben.
Der Anteil der prognostisch infausten Stadien lag unter der wachsenden
Zahl Hilfesuchender weiterhin laufend um 90 %.
Die von ISSELS vertretene Auffassung betrachtet im Gegensatz zu dem
bis dahin - und leider vorwiegend noch heute - geltenden lokalistischen
Dogma den Krebs in allen seinen Formen und Stadien als eine generelle,
systemische Erkrankung, die Geschwulst als deren in Erscheinung tretende
Endphase. ISSELS setzte sich damit in einen unweigerlich zum Konflikt
führenden Widerspruch zu der herrschenden, damals gegenüber heute noch
unduldsameren Lehrmedizin. Deren Feindschaft wurde dadurch weiter
gesteigert, daß die Ringbergklinik zunehmend Heilerfolge aufzuweisen
hatte, die durch mehr oder weniger seriöse Berichte in der
Boulevardpresse der Öffentlichkeit bekannt wurden. Begriffe wie
"Immunität", "Selbstregulation",
"körpereigene Abwehr" usw., damals noch fanatisch abgelehnt,
werden heute auf den großen internationalen Krebskongressen und in den
klinischen Tumorzentren z.T. bereits durchaus ernstgenommen und
diskutiert.
1952 verfügte ISSELS über hinreichend klinische Erfahrung, um ein
vielbeachtetes Referat gelegentlich der von Professor ZABEL geleiteten
ersten großen Krebstagung in Berchtesgaden zu halten. Diese fand statt
auf Veranlassung der damaligen Arbeitsgemeinschaft der Westdeutschen
Ärztekammern unter deren Präsidenten OELEMANN und sollte einer
fruchtbaren Begegnung orthodoxer Onkologen mit
Vertretern der alternativen Richtung dienen. U.a. waren damals
anwesend die Professoren ALBERS, AULER, K.H. BAUER, FELIX, HINSBERG,
KOLLATH, LAMPERT, LETTRE, PISCHINGER, SIEGMUND, außerdem viele der
biologischen Richtung nahestehende Ärzte wie GERSON, GRANDEL, KRETZ,
LEROI, WEHRLI u.a. ISSELS war das Schlußreferat aus dem Grund
zuggeteilt worden, weil sein ganzheitliches Konzept sowohl die
Behandlung des Krebstumors mit den konventionellen Methoden als auch die
Behandlung des krebskranken Menschen mit immunbiologischen Maßnahmen
umfaßt. Er forderte im Interesse der Inkurablen, die damals immer noch
82 % aller Krebskranken ausmachten, eine gleichberechtigte
Zusammenarbeit zwischen Schulmedizin und biologischer Medizin. Sein
Appell erhielt damals großen Beifall von beiden Richtungen. Man trennte
sich mit der
Versicherung gegenseitigen Wohlwollens, dem Wunsch künftig engerer
Zusammenarbeit und der Hoffnung, "daß auch die Forschung
Anregungen bekommen habe" (33). Aber die Zeit dazu war noch nicht
reif. Die Zwietracht im großen Rahmen blieb, die Lehrmedizin bekämpfte
weiterhin - unter dem beherrschenden Einfluß des führenden
Krebschirurgen und damaligen Präsidenten der Deutschen
Krebsgesellschaft Professor K.H. BAUER - unerbittlich jede nicht
linientreue Forschung und Therapie. Daran änderte auch nichts die
Tatsache,
daß noch im gleichen Jahr eine Kommission der Professoren BAUER (Bonn),BINGOLD
(München) und SIEGMUND (Münster) die Ringbergklinik besuchte, die
daraufhin als "förderungswürdig" anerkannt wurde und eine
Stiftung von DM 10.000 erhielt.
1953 veröffentlichte ISSELS die Monographie "Grundlagen und
Richtlinien für eine interne Krebstherapie" (1) als ersten
wissenschaftlichen Bericht über die bis dahin an bereits über 1000
Patienten gesammelten Erfahrungen und Forschungsergebnisse. Die Arbeit
stand unter dem Motto "Das Krebsproblem ist das Problem der
Unheilbaren".
1954 besuchte im Auftrag der Ruhrknappschaft/ Bochum Professor
BLUMENSAAT die Klinik, um eine eventuelle Übernahme der dort
entwickelten Krebstherapie in die Krankenhäuser der Ruhrknappschaft in
Erwägung zu ziehen. Es verblieb jedoch bei Anerkennung der Erfolge und
wohlwollenden Empfehlungen.
1955 wurde die Ringbergklinik von Dr. WEILER, dem damaligen
Präsidenten der Bayerischen Ärztekammer, besucht. Dieser überwies in
der Folge selbst Patienten. Im gleichen Jahr konnte die erste
5-Jahresheilung einer im inkurablen Stadium übernommenen Patientin mit
klinisch nachgewiesenem Rezidiv eines Unterleibskarzinoms dokumentiert
werden, nachdem schon vorher in mehreren Fällen Rückbildungen
fortgeschrittener Malignome unter ganzheitsmedizinischimmunkompetenter
Behandlung beobachtet worden waren. Die Klinik wurde von 36 auf 85
Betten erweitert.
1959 wurden die bis dahin erzielten Heilerfolge von neutraler Seite
überprüft. Als Ergebnis veröffentlichte AUDIER, vormals Leiter des
Laboratoriums für Krebsforschung am Tropenmedizinischen Institut in
Leiden/Holland die Studie "Immuntherapie metastasierender
Malignome" (57 ). Darin wird an Hand der klinischen Unterlagen
nachgewiesen, daß von 252 einwandfrei dokumentierten, klinisch als
inkurabel erklärten Patienten mit histologisch gesicherten
metastasierten Karzinomen 42, d.h. 16,6 % die Fünfjahresgrenze erreicht
hatten. Der Bericht schließt mit der Forderung, "die operierten
und bestrahlten Patienten einer immunologischen Nachbehandlung
zuzuführen, um die Gefahr der Metastasierung zu verringern und dadurch
die Heilungsziffern zu erhöhen" und daß zu diesem Zweck eine
"enge Zusammenarbeit zwischen Chirurgie, Radiologie und interner
Tumortherapie" anzustreben sei.
Diese und weitere Beweise eindeutiger Erfolge bei den immer
zahlreicher werdenden Patienten konnten ISSELS nicht schützen vor
böswilligen Angriffen und heimtückischen Verleumdungen, die
schließlich sogar aus den Reihen eingeschleuster Mitarbeiter kamen. Wie
sich später im Prozess herausstellte, wurde bereits seit 1955 von
höherer Stelle belastendes Material gesammelt, und es bedurfte nur noch
eines äußeren Anlasses in Form von vagen Anschuldigungen unzufriedener
Patienten, daß ISSELS im September 1960 ohne jede Vorwarnung aus der
Praxis heraus verhaftet und zur Schließung seiner Klinik gezwungen
wurde. Man warf ihm u.a. vor, vier Operationsverweigerern nicht dringend
genug zur Operation geraten und in drei weiteren aussichtslosen Fällen
Heilung versprochen zu haben.
Außer den drei Monaten Untersuchungshaft zog sich der hauptsächlich
von der Bayerischen Ärztekammer und deren Präsident SEWERING
betriebene Prozeß vier Jahre durch mehrere Instanzen hin. Dabei ging es
laut dokumentierter Aussage des Untersuchungsrichters keineswegs etwa
allein um den angeklagten Arzt ISSELS, sondern um die viel weitergehende
(und noch heute unverholen verfolgte) Absicht, einen Musterprozeß gegen
die Außenseitermedizin insgesamt zu führen. Wäre es nämlich damals
zu einer Verurteilung gekommen, so hätte man "Hunderten
gleichgesinnter Ärzte in Deutschland die Praxis geschlossen"
(wörtliches Zitat aus 29). Dies wiederum hätte nichts anderes
bedeutet, als daß die Weiterentwicklung der ganzheitlichimmunologischen
Krebstherapie zumindest auf Jahrzehnte unterbunden worden wäre.
Glücklicherweise kam es dazu nicht. Im Dezember 1964 endete der
"Krebsprozeß des Jahrhunderts" - im Berliner Ärzteblatt
Nr.1/1965 wurde er als "Krebskongreß" apostrophiert - mit dem
Freispruch in allen Punkten der Anklage und der vollen Rehabilitation
von ISSELS. Entscheidend beeindruckt war das Gericht von der Vorstellung
32 geheilter Patienten sowie von den positiven Äußerungen
verschiedener Experten, unter denen vor allem ZABEL (58) durch sein
berühmt gewordenes Gutachten hervorstach.
Was die Gutachter der Anklage vorzubringen hatten, war
wilderspruchsvoll und wenig überzeugend. Im blinden Eifer, der
Ganzheitstherapie nur ja nicht die geringsten Zugeständnisse zu machen,
entwürdigte man sich bis zum Einwand "möglicher eigener
Fehldiagnosen“. ISSELS war nicht Angeklagter sondern Sieger, und mit
ihm eine Heilkunde, für die nicht mehr das Symptom, sondern der Kranke
in seiner gesamten Persönlichkeit im Mittelpunkt steht. Der Prozeß,
über dessen verschiedene Stadien laufend in der Tagespresse breit, in
den medizinischen Zeitschriften wesentlich diskreter berichtet wurde,
offenbarte die Schwäche der lehrmedizinischen Position auf dem Gebiet
des Krebsgeschehens. Manche jubelten damals zu früh über den ersehnten
Sieg der orthodoxen Front über die "Kurpfuscherei“. Noch
eineinhalb Jahrzehnte später äußerte sich MILDRED SCHEEL wörtlich
und bis heute unwidersprochen, aber in völliger Verkennung der
Tatsachen: "Ich bin stolz, zu denen zu gehören, die ISSELS kaputt
gemacht haben" (65).
Die Ringbergklinik diente während der Zeit ihrer Schließung
kurioserweise der ARGE Bochum als Nachkurheim für orthodox-onkologisch
behandelte Krebspatienten. Sie wurde von ISSELS im September 1965 nach
abermaliger Erweiterung mit nunmehr 120 Betten wiedereröffnet und
verfügte damals über 10 ärztliche Mitarbeiter, 2 Professoren, unter
diesen Prof. GERLACH als Leiter des Immunlabors (der seit 1927 mit
Mykoplasmenforschung befaßt war und eine Vakzine zur Krebsbehandlung
entwickelt hatte), 175 Angestellte und Schwestern, ferner eine
Röntgenanlage, Zahnstation, mehrere Labors, Versuchstierställe usw.
Mit dieser Ausstattung und einer kaum zu bewältigenden Nachfrage
Hilfsbedürftiger aus Nah und Fern blieb die ISSELS-KLINIK weiterhin
Gegenstand weltweiten Interesses.
Angeregt durch erfolgreiche Behandlungen englischer Patienten und als
Vorbereitung einer Televisions-Sendung kam es zwischen 1967 und 1970 zu
einer eingehenden Überprüfung der ISSELSschen Therapieerfolge durch
Ärzte des Departments ."Science and Features" der BBC London.
In deren Auftrag besuchte Professor J. ANDERSON vom King’s College
Hospital, Medical School, London, Mitglied der
Welt-Gesundheits-Organisation (WHO), die Ringbergklinik. Er bestätigte
in einer randomisierten Studie an 570 Patienten die bei 17 % liegende
Fünfjahres-Heilungsquote der als "inkurabel" übernommenen
Patienten und erstellte ein Gutachten (59), aus dem folgende Passagen
zitiert seien:
"l. Die Routinebehandlung, die in der Ringbergklinik unter Dr.
Issels für Krebskranke mit und ohne Metastasen durchgeführt wird, ist
einzigartig. Soweit ich bislang weiß, existiert diese Behandlung in
keiner anderen Klinik in der Form wie sie Dr. Issels praktiziert.
Aufgrund einer Besichtigung der Klinik und ihrer Patienten und an Hand
statistischer Beweise hinsichtlich der Überlebensdauer dieser Patienten
habe ich die Überzeugung gewonnen, daß hier ein neuer Weg der
Krebsbehandlung beschritten wurde. Es scheint dies eine beträchtliche
Verbesserung zu bedeuten gegenüber den üblicherweise zur Verfügung
stehenden Methoden.
2. Die Behandlung besteht im wesentlichen darin, diejenigen normalen
Körperfunktionen anzuregen, die für die Auseinandersetzung mit den
Krebszellen kompetent sind, und diese so zu unterstützen, daß sie eine
natürliche Remission der Krankheit bewirken. Einige der Fälle, die ich
in der Klinik sah, würden von Ärzten in England als hoffnungslos
betrachtet. Mein Gesamteindruck: Die Issels'sche Krebsbehandlung ist
einzigartig und stellt eine wegweisende Lösung des schwierigen
Krebsproblems dar.
Issels ist ein fähiger Arzt, ein kluger und gründlicher Kliniker,
dessen Prinzipien und Anwendungen der Medizin ich bewundere. Er ist ein
kluger Beobachter klinischer Zustandsveränderungen und hat
wahrscheinlich mit seinen 6000 Patienten mehr praktische Erfahrung in
der Behandlung Krebskranker gesammelt als irgendjemand sonst. Es gibt
keinen Zweifel daran, daß er ehrlich ist in dem, was er tut, und in den
Ergebnissen, die er erzielt. Er hat gutes und befähigtes Ärzte- und
Pflegepersonal. Das Zahlenverhältnis zwischen Personal und Patienten
ist höher, als man es üblicherweise im United Kingdom findet.
Mein Gesamteindruck ist, daß es sich um eine gut geführte Klinik
handelt, in der die besten klinischen Voraussetzungen der Medizin
erfüllt sind.
3. Ich bin bereit, einen klinischen Doppel-Blindversuch im Department
of Medicine im King's College Hospital durchzuführen, um die
Issels'sche Therapie soweit wie möglich unter den Bedingungen, unter
denen ich sie beobachtet habe, zu wiederholen und zu überprüfen. Unter
bestimmten Voraussetzungen sollte es möglich sein, eine solche
Versuchsreihe im Sommer 1969 zu beginnen. Erste Angaben über Ergebnisse
könnten gegen Ende des Jahres zugänglich gemacht werden. Es würde
sich hierbei allerdings nur um vorläufige Eindrücke handeln, und ich
bezweifle, ob wir irgendwelche konkrete Resultate vor Sommer 1970 oder
später erwarten dürften, weil dies von der Überlebensdauer jener
Patienten der Kontrollgruppe abhängt, die mit den Üblichen Methoden
behandelt wurden.
Zusammenfassend stelle ich fest, daß Dr. Issels für Ärzte und
Patienten des United Kingdom einen interessanten neuen Weg der
Krebsbehandlung anzubieten hat. Die Angelegenheit Issels ist außerdem
von großem menschlichen Interesse. Ohne Zweifel ist er eine
bemerkenswerte Persönlichkeit. Er tut etwas, was dringend notwendig
ist. Er erzielt zweifellos klinische Remissionen bei Patienten, die als
hoffnungslos und ausbehandelt angesehen werden. Selbst dann, wenn die
erreichten Besserungen nicht lange anhalten, strebt Issels an, daß die
Patienten ihr Leben in einer lebenswerten und ausgefüllten Weise zu
Ende leben, wie es ihnen sonst nicht möglich wäre. Dieses Projekt
verdient ebenso Anerkennung wie die Arbeit von Ciceley Saunders, die
sich für unheilbare Fälle im United Kingdom einsetzt" (sc.
St.Christophers Hospiz).
Mehrere britische wie aus anderen Ländern kommende Ärzte
beurteilten die Ringbergklinik ebenfalls günstig und veröffentlichten
ihre diesem Expertenbericht entsprechenden Beobachtungen.
Die BBC drehte daraufhin einen 60-Minuten-Dokumentarfilm über die
Ringbergklinik und die dort durchgeführte Therapie mit dem Titel
"Go and Climb a Mountain". Er wurde 1970 in London
ausgestrahlt und fand in der englischen Öffentlichkeit bei Medizinern
und Laien ein großes Echo, denn er bewies nicht mehr und nicht weniger,
als daß durch gezielte Ganzheitstherapie Krebskranke selbst in
fortgeschrittenen Stadien mit einer Quote bis zu 17% geheilt werden
können. Ebenso aufsehenerregend war die unmittelbar nach dem Film
landesweit ausgestrahlte wissenschaftliche Diskussion in der Royal
Institution zwischen führenden Onkologen aus mehreren europäischen
Ländern. Bezeichnenderweise war die Bundesrepublik Deutschland bei
dieser wichtigen Gelegenheit durch ihre sonst keineswegs
zurückhaltenden Sprecher der orthodoxen Onkologie nicht vertreten.
Im gleichen Jahr erschien die ISSELsche Arbeit "Immunotherapy in
Progressive Metastatic Cancer: A Fifteen-Year Survival Follow-up“ in
Clinical Trials Journal (24). In dieser Studie berichtet der Autor
erstmals über die metaphylaktisch erzielbaren Erfolge mit der auf
seinem Konzept beruhenden immunbiologischen Nachbehandlung. Bei 375
"erfolgreich" operierten und/oder bestrahlten Patienten mit
verschiedenen Malignomen konnte die Rezidivquote, die laut Weltstatistik
innerhalb der postoperativen Fünfjahresspanne bei rund 50% liegt, auf
13% verringert, d.h. die Zahl der Dauerheilungen um 37% auf 87%
gesteigert werden. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die
Ganzheitstherapie nicht immer zum wünschenswert frühesten Zeitpunkt
begonnen werden kann. In der gesamten Weltliteratur ist bis heute keine
derart effiziente Einflußnahme auf infauste Krankheitsverläufe bei
Tumorpatienten veröffentlicht.
Es konnte nicht ausbleiben, daß die britische Ärzteschaft in
ähnlicher Weise wie 10 Jahre vorher die Bayerische Ärztekammer an
solcher Publicity einer unkonventionellen und erfolgreichen Therapie
Anstoß nahm. Auf Veranlassung des Joint-Co-Ordinating-Committee on
Cancer Research (etwa dem Deutschen Krebsforschungs-Zentrum
entsprechend) besuchte im Januar 1971 eine Gruppe englischer Ärzte
unter Professor SMITHERS die Ringbergklinik. Man wollte sich ein
"unvoreingenommenes Urteil" über die dort geleistete Arbeit
bilden. Zur unbehinderten Verfügung gestellt wurden die Krankenblätter
der damals in stationärer Behandlung stehenden Krebspatienten sowie 48
ausgewählter, früher behandelter geheilter Patienten. Von diesen
konnten 33 persönlich vorgestellt werden. Sie befanden sich nach einem
Zeitraum von bis zu 21 Jahren in tumor- und beschwerdefreiem Zustand.
Nach einer dreitägigen Überprüfung kam ein Report zustande, der
praktisch alle - schon vor Behandlungsbeginn in der Ringbergklinik
anderwärts klinisch exakt dokumentierten Malignomdiagnosen in Frage
stellte und mit dieser Begründung die von ISSELS erzielten Heilerfolge
rundweg bestritt, freilich nicht, ohne die Führung der Klinik und die
Betreuung der Patienten als "hervorragend" zu loben.
Das britische Ärzteteam scheute sich trotz des erdrückenden
Beweismaterial nicht, mehrere 100 international angesehene
Universitäts-Professoren, die an der Diagnosestellung und der daraufhin
durchgeführten orthodoxen Therapie beteiligt waren, zu
disqualifizieren. Richtigstellungen erfolgten von verschiedenen Seiten
(25, 26, 61,62,64). Handelte es sich doch ganz offensichtlich und einmal
mehr um den infamen Versuch der Diskriminierung, wenngleich "auf
die feine englische Art". Noch im gleichen Jahr wurde ISSELS
übrigens eingeladen, vor der Royal Medical Society in Edinburgh,
Schottland, einen Vortrag zu halten. Er sprach über "Results of
Internal Therapy of Advanced Cancer” (35).
1972 folgte als Zusammenfassung zwanzigjähriger Erfahrung in der
ganzheitsmedizinischen Krebstherapie das Buch "Mehr Heilungen von
Krebs", in dem ISSELS sein Konzept und die darauf aufgebaute
Behandlung beschreibt (27).
Zwischen 1971 und 1974 fanden Seminare und Vorträge von ISSELS an
bekannten Instituten und Universitäten des Auslandes statt, so vor der
University Medical Society in Oxford
(England), am Sloan-Kettering-Institute in New York (USA), an der
Graduate University in Philadelphia (USA) und McGill University in
Montreal (Kanada) (36, 37, 38, 39).
1975 veröffentlichte ISSELS im Verlag Hodder & Stoughton,
London, (der auch The Lancet herausgibt) sein Buch: "Cancer: A
Second Opinion“ (28). Im gleichen Jahr und dem selben Verlag wurde er
von GORDON THOMAS durch die Publikation "Issels: The Biography of a
Doctor“ (63) gewürdigt. Dieser Autor schrieb ferner - erschienen bei
Peter M. Wyen in New York - "Dr.Issels and his Revolutionary Cancer
Treatment“ (64). Darin werden wörtlich mündliche und schriftliche
Äußerungen führender Mitglieder der oben erwähnten englischen
Kommission unter SMITHERS zitiert, die beweisen, daß man sich unter dem
Vorwand einer "unvoreingenommenen" Überprüfung bereits vor
dem Besuch der Ringbergklinik auf eine strikte Ablehnung der dort
praktizierten Therapie und damit erzielten Erfolge festgelegt hatte.
Um die Mitte der siebziger Jahre, etwa 10 Jahre nach dem Ende der
prozeßbedingten Pause und ihrer Wiedereröffnung, wurde die florierende
Klinik in Rottach-Egern aus zwingenden äußeren Gründen geschlossen
und als Tagesklinik im benachbarten Bad Wiessee weitergeführt. Die
Tatkraft ihres Leiters blieb durch diese Ereignisse jedoch ungemindert,
und der Strom der Hilfesuchenden riß nicht ab. Neben der täglichen
Praxisarbeit fand ISSELS in den Jahren 1976 bis 1984 zeit für weitere
Vorträge sowohl in der Bundesrepublik (40, 41, 43, 46, 47, 48, 49, 50,
51, 52, 53, 54, 55) als auch im Ausland: Florenz (42), New York (44),
Schweden (45).
1985 begann die seit Jahrzehnten schonungslos strapazierte Gesundheit
ihren Tribut zu fordern. ISSELS zog sich ungeachtet fehlender Nachfolge
aus der aktiven Tätigkeit in Klinik und Praxis zurück. An der Seite
seiner, ihm in allen Höhen und Tiefen unermüdlich zur Seite stehenden
Frau hielt er sich während der letzten Jahre wiederholt monatelang im
sonnigen Florida auf, allerdings nicht, ohne auch von dort aus die seit
Jahren bestehenden kollegialen Verbindungen zu vertiefen und zu
erweitern. Es hat allen Anschein, daß sich dieser rastlose Geist auch
im 81. Lebensjahr und im beiläufig 50. Jahr des von ihm eingeschlagenen
beruflichen Weges keineswegs auf seinen historischen Verdiensten
auszuruhen gedenkt.
Es gibt noch viel zu tun, um die sich zögernd anbahnende
Aufgeschlossenheit der Lehrmedizin durch überzeugende Argumente wachsen
zu lassen. Welchen Schwierigkeiten wir dabei immer noch
gegenüberstehen, zeigte einmal mehr der gegen jede Art von
Alternativmedizin gerichtete Grundtenor der Therapiewoche und des
Krebskongresses 1987, Auch gewisse tendenziöse Veröffentlichungen
während der letzten Jahre (Fußnote: Deutsche Krebsgesellschaft:
"Krebsmedikamente mit fraglicher Wirksamkeit", Aktuelle
Onkologie Band 11, ferner: "Unkonventionelle Methoden in der
Krebstherapie“, Aktuelle Onkologie Band 20. Beides bei W.Zuckschwerdt
Verlag München-Bern-Wien. ) signalisieren den Widerstand gegen alle
Bemühungen um eine Erweiterung der Onkologie über ihre doktrinären
Grenzen hinaus. Unter diesen Umständen ist zu befürchten, daß
vereinzelte zustimmende Äußerungen prominenter Schulmediziner nur
rhetorische Bedeutung haben, wenn etwa die Professoren SCHUMACHER oder
GILLMANN in einer Südwestfunk-Fernsehdiskussion am 1.11.85 zögernd
zugeben „ ... das Verdienst von Dr.Issels, daß er schon sehr
frühzeitig sich angelegt hat mit Dogmen „... und er habe „...sehr
früh die ganze Ärzteschaft darauf hingewiesen, daß es eine
begleitende Behandlung geben muß...“ zu der bis heute ausschließlich
geltenden Tumortherapie (66).
Immerhin wären solche Worte vor 30 Jahren noch nicht möglich
gewesen. Daß dies heute geschehen kann, ist dem Lebenswerk ISSELS’ zu
verdanken. Er hat vor 35 Jahren die von ihm erarbeiteten
"Grundlagen und Richtlinien für eine interne Krebstherapie“ (1)
bekanntgegeben und die Effizienz dieses neuen Konzeptes an zehntausenden
Kranken nachgewiesen. Damit wurde der Weg beschritten zur längst
fälligen Synthese zwischen der rein lokalistisch-symptomatischen
Behandlung des Tumors und der holistisch-immunologisch-regenerativen
Behandlung des Tumorkranken. Beide Therapieformen sind gleichberechtigt,
beider Einsatz ist das Recht der Krebskranken.
Eine unaufhaltsam wachsende Gemeinschaft ganzheitsmedizinisch
denkender und handelnder Kolleginnen und Kollegen in aller Welt
wünschen ihrem Wegbereiter, daß er bei zufriedenstellender Gesundheit,
ungebeugt von der Last der Jahre und des Kampfes noch lange unter uns
weilen möge. Unser Geburtstagsgeschenk an den Jubilar sei der Dank und
die Gewißheit, daß seine Saat an vielen Stellen aufgegangen ist und
Wurzeln geschlagen hat. Der Name ISSELS wird mit der angebrochenen
Reform ärztlicher Einstellung zum Krebsgeschehen untrennbar verbunden
bleiben. Wir sind stolz, einen der bedeutendsten Ärzte des 20.
Jahrhunderts in unseren Reihen zu haben.
K. Windstosser
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