von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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III. |
Therapeutischer Teil |
(Vortragsmanuskript anläßlich des 1. Wissenschaftlichen Kongresses der
Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr e.V., 26. - 28. April 1985;
Dr. K. Windstosser)
Ich möchte beginnen mit einem Zitat von Bauer, dem Heidelberger Chirurgen und Gründer des Deutschen Krebszentrums: „Das Krebsgeschehen hat sich inzwischen als ein mehrschichtiges Ineinandergreifen von Einzelfaktoren herauskristallisiert, wobei die kanzerogenen Stoffe sicher eine Kardinalbedingung ausmachen können, aber nicht müssen“. Diese bereits vor etlichen Jahren gemachte Aussage ist auch heute noch unverändert gültig. Krebs ist eine multifaktorielle Krankheit; in vielen Fällen hat die neuere Forschung bewiesen, daß eine Anzahl von schädlichen Noxen zusammenkommen muß, um die Krankheit auszulösen. Warum bekommen nicht alle Menschen Krebs? Es müssen mindestens drei auslösende Faktoren zusammentreffen:
Für die Disposition spielen Bestandteile der Erbmasse, sogenannte Proto-Onko-Gene (c-onc), ebenso eine Rolle wie durchgemachte oder latent vorhandene Virus-Erkrankungen mit Onko-Viren, die zu einer Änderung der Eigenschaften der erkrankten Zellen führen können, sogenannte virale OnkoGene (v-onc). Die Transformation einer gesunden Zelle zur Tumorzelle kann also auf zweierlei Weise vor sich gehen: durch transduction: die Infektion der Zelle mit einem Onkogen-tragenden Virus, oder durch transfection: die Aktivierung eines zelleigenen Onkogens. Nun zur Exposition: In einigen Fällen und für einige spezielle Tumorerkrankungen konnte bewiesen werden, daß eine Zelle erst dann entartet und zu wuchern beginnt, wenn bestimmte Einzelfaktoren wie kanzerogene Stoffe oder Viruserkrankungen mit Promotor-Viren (human T-cell leukemia virus) zum richtigen Zeitpunkt und in der richtigen Reihenfolge auf die Zelle einwirken und die Zelle aufgrund der Disposition (Onko-Gene in der Erbmasse) dafür empfänglich ist. Nun zum Immundefizit: In jedem höheren vielzelligen Lebewesen entstehen ständig Krebszellen. Es ist die Aufgabe des Immunsystems, diese Zellen zu erkennen und zu zerstören. Geschieht das nicht, so vermehren sich die Krebszellen und Zerstören den Organismus. Die kritische Zahl von Krebszellen, die das Immunsystem noch unter Kontrolle halten kann, liegt etwa bei 10 hoch 7 bösartigen Zellen. Deshalb ist es in den meisten Fällen unumgänglich, die primäre Krebsgeschwulst und evtl. auch die Tochtergeschwülste durch Operation, Bestrahlung und Chemotherapie zu entfernen, zu zerstören oder zu verringern. Lange Zeit waren führende Kliniker der Meinung, daß es sich bei Krebs um eine Organerkrankung handele; man brauche also nur, z. B. durch eine radikale Operation, die Krebsgeschwulst im Gesunden zu exstirpieren, um eine dauerhafte Heilung zu erzielen. Wie Sie wissen, haben sich, abgesehen von einigen Sonderfällen, z. B. Leukämie, in den letzten Jahren die 5-Jahres-Überlebensquoten der Patienten nach der Behandlung nicht wesentlich verbessert. Die Patienten sterben überwiegend nicht an ihrem Primärtumor, sondern an den Metastasen. Hier ist die klassische Krebstherapie an ihre Grenzen gestoßen. Schmähl sagte 1977: "Chemotherapeutika beeinträchtigen das Allgemeinbefinden, schädigen das Immunsystem und wirken teilweise selbst langfristig kanzerogen." Der Ansatzpunkt einer biologischen Krebsabwehr muß postoperativ, bzw. nach Strahlen- und Chemotherapie, in der Rezidiv- und Metastasenprophylaxe liegen. Krebs ist nicht nur eine Organerkrankung, sondern eine Störung des Gesamtorganismus, und diese Störung muß adjuvant bei manifester Krebserkrankung oder nach Beendigung der klassischen Behandlung sinnvoll behandelt werden. Bauer sagte 1978: "Die körperlichen Abwehrkräfte müssen so gesteigert werden, daß der Körper selbst, das heißt sein Immunsystem, mit dem Krebs fertig werden kann." Neuere wissenschaftliche Untersuchungen zeigen immer deutlicher, daß in der Störung der Immunabwehr die wesentliche Ursache für das Manifestwerden einer Krebserkrankung, für den Primärtumor und für die Metastasenbildung beim scheinbar erfolgreich klassisch behandelten Patienten liegt. Im Immunsystem liegt aber auch die Hoffnung für die dauerhafte Heilung. Die komplexe naturheilkundliche Krebstherapie muß im Sinne einer gezielten und wohlüberlegten Polypragmasie alle Verfahren aufgreifen, von denen eine Stärkung der Immunabwehr zu erwarten ist. Einen möglichen Angriffspunkt sieht die immunologische Forschung in einem "Fehler" der von Viren in die Zelle eingeschleppten Onko-Gene: Sie sind mit immunologischen Suchtests meist gut von zelleigenen Onko-Genen zu unterscheiden, weil die Viren "unsauber" arbeiten: Mit dem Virus-Onkogen werden auch andere Bestandteile der viralen RNS in die DNS transskribiert. Die so entstandene fehlerhafte DNS und die aus ihr durch Translation hervorgehenden Antigene, z. B. Oberflächenantigene, sollten eigentlich von der körpereigenen Immunüberwachung als Fremdmaterial erkannt und vernichtet werden. Es würde hier zu weit führen, wenn ich auf die Grundlagen der Immunologie, auf T-Lymphozyten, NK-Zellen und Makrophagen eingehen würde, deren Aufgabe es ist, körperfremde Antigene und Zellen zu vernichten. Kehren wir zurück zu den entarteten Zellen: Es gibt zahlreiche Hinweise darauf, daß diese Zellen Systeme entwickelt haben, um sich der Vernichtung durch die Immunabwehr zu entziehen. Teilweise sezernieren sie Oberflächenantigene, die die Antikörper der humoralen Abwehr und die Oberflächen der Zellen der zellulären Abwehr blockieren oder zur Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen führen; teilweise umgeben sie sich mit einer maskierenden Fibrinschicht, so daß die körperfremden Antigene sozusagen zugedeckt sind. Hier ist ein Ansatzpunkt für die indirekte Zerstörung der Krebszellen durch die Mobilisierung und Unterstützung des körpereigenen Immunsystems. Die Forderung muß lauten: Entschirmung der Tumorantigene durch Fibrinolyse sowie Abbau der Antigen-Antikörper-Komplexe und Toxine. Dadurch wird die zelluläre Abwehr in die Lage versetzt, die Krebszellen zu erkennen und zu vernichten. Substanzen, die diese Forderung erfüllen, sind der Menschheit schon lange bekannt: Es sind die proteolytischen Enzyme. Sie kommen nicht nur im Magen- und Darm-Trakt der höheren Lebewesen, im Pankreas und in den Elementen des weißen Blutbildes vor, sondern auch, jedoch mit abgewandelten Eigenschaften, in Bakterien, Pilzen und Hefen sowie in Pflanzen. Die Enzyme aus Bakterien, Pilzen und Hefen spielen in der Ernährung und heute in der Biotechnologie eine große Rolle, haben sich jedoch bislang wegen einiger unerwünschter Nebenwirkungen in der Therapie nicht durchsetzen können. Medizinische Bedeutung erlangten nur die tierischen Verdauungsenzyme und die pflanzlichen Enzyme Papain aus der Papaya und Bromelain aus dem Stamm und den unreifen Früchten der Ananaspflanze. Der Schwerpunkt der tierischen Enzyme liegt bei der Substitution von Verdauungsenzymen für Patienten mit Enzymmangel, z. B. bei Pankreasinsuffizienz. Enzymgemische aus tierischen und pflanzlichen Enzymen haben häufig den Nachteil der gegenseitigen Unverträglichkeit: bei gemeinsamer Verarbeitung und Lagerung zerstören sich die Enzyme gegenseitig. Proteolytische Enzyme, die zur adjuvanten Krebstherapie eingesetzt werden, sollten nachweislich eine Kombination von wichtigen Eigenschaften aufweisen: gute Resorption aus dem Darmtrakt, nachgewiesene Wirksamkeit bei oraler Gabe, fibrinolytische Wirkung, Thrombozytenaggregationshemmung, pharmakologischer Wirksamkeitsnachweis bezüglich der Wirkung auf Fibrin und andere eiweißhaltige Ablagerungen, klinische Erfahrungen beim Krebspatienten, selbst bei hoher Dosierung und Dauertherapie keine starken unerwünschten Nebenwirkungen, wie Reizungen der Darmwand oder Allergisierung des Patienten. Diese Forderungen werden vorzüglich erfüllt durch das Enzym Bromelain, das heutzutage aus dem Stamm der Ananaspflanze Ananas comosus gewonnen wird. Dabei kommt es anscheinend nicht nur auf die proteolytischen Enzyme, sondern auch auf die Begleitenzyme an, die in ihrer Art und Wirksamkeit noch nicht vollständig erforscht sind - ein schwieriges Unterfangen bei einem Naturstoff mit komplexer Zusammensetzung. Zur Resorption aus dem Magen-Darm-Trakt und zur nachgewiesenen Wirksamkeit bei oraler Gabe sind insbesondere die Arbeiten von Uhlig, Seifert und Brendel zu nennen. Im Tierversuch konnten sie nachweisen, daß Ratten bis zu 40 % des angebotenen Bromelains in großmolekularer Form resorbieren können. Die Enzyme gelangen in die Blutbahn und lassen sich dort durch ein Kaninchenserum mit Antikörpern gegen Bromelain nachweisen. Smyth, Brennan und Martin konnten am Kaninchen den indirekten Nachweis bei oraler Gabe führen. Sie stellten schon bei niedrigen Dosierungen einen Anstieg der Plasminwerte, der Prothrombinzeit und des Antithrombinspiegels fest. Ako, Cheung und Matsuura isolierten aus dem Bromelain einen Aktivator für körpereigene fibrinolytische Enzyme. Netti, Bandi und Pecile stellten vergleichende Untersuchungen zur antiphlogistischen Wirkung von oral applizierten proteolytischen Enzymen an. Pankreasenzyme, Bromelain und Ficin zeigten gute Wirkungen. Papain und eine bakterielle Protease erwiesen sich als wirkungslos. Dvorak und Mitarb. sowie Taussig und Mitarb. konnten an bösartigen Zellkulturen die fibrinolytische Wirkung des Bromelains beweisen. Bestimmte maligne Zellkulturen zeigten unter Bromelainzugabe eine signifikante Wachstumshemmung. Dagegen blieben normale Fibroblasten der Mäuseembryos unbeeinflußt. Ausgelöst wurden die neueren klinischen und pharmakologischen Forschungen durch einen klinischen Erfahrungsbericht, den Gerard 1972 veröffentlichte. Durch die Behandlung von metastasierenden Karzinomen mit Bromelain konnte er in einer Anzahl von Fällen die Krebsknoten zur Auflösung bringen. Nach anfänglicher Skepsis schlossen sich andere, wie z. B. Nieper, Taussig, Goldstein und Rilling an und führten Bromelain als Bestandteil einer adjuvanten Therapie in der Onkologie ein. Dabei wurde empirisch festgestelt, daß die optimale Dosierung bei etwa 2 g Bromelain pro Tag liegt, in Sonderfällen bis zu 4 g pro Tag. Diese hohe Tagesdosis macht ein Präparat mit möglichst hohem Bromelaingehalt pro Tablette erforderlich. Das höchstdosierte Präparat in Deutschland enthält 200 mg Bromelain. Wie Taussig und andere in einer Anzahl von wissenschaftlichen Arbeiten im Tierversuch zeigen konnten, erhöht oral gegebenes Bromelain in Kombination mit anderen Behandlungsmethoden die Überlebensrate von tumortragenden Tieren beträchtlich. Bei vorbeugender Gabe vor der Inplantation von Krebszellen wird das Auftreten der Krebsgeschwulst signifikant verzögert. Außerdem verringert Bromelain in vielen Fällen die unerwünschten Nebenwirkungen der Strahlen- oder Cystostatica-Therapie. Auch im Endstadium der Krebskrankheit wird Bromelain mit gutem Erfolg eingesetzt: Das Enzym kann zwar das Tumorleiden kaum noch beeinflussen, jedoch werden die Toxine abgebaut, die den Stoffwechsel des Krebspatienten zusätzlich belasten. Eine Anzahl von Wissenschaftlern hat sich eingehend mit der Toxizität von Enzymen bei hochdosierter langfristiger Anwendung befaßt. |
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NEU: www.windstosser-museum.info
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