von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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III. |
Therapeutischer Teil |
(Vortrag gelegentlich des 3. Wissenschaftlichen Kongresses der
Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr, gemeinsam mit der Deutschen
Gesellschaft für Onkologie am 17.5.87; von Dr. K. Windstosser)
Im Rahmen der hier unter verschiedenen Gesichtspunkten wiederholt besprochenen Hyperthermie und Hyperpyrese aus klinischer Sicht dürfte es für den Praktiker wissenswert sein, in welcher Form er diese zur ganzheitsmedizinischen Behandlung Krebskranker immer wichtiger werdenden Verfahren in seinen therapeutischen Alltag einbauen kann. Welcher Überwärmungstechnik wir uns auch bedienen, darüber müssen wir uns immer im klaren sein, daß sich dabei Vorgänge abspielen, die weit über das Prinzip der Tumorvernichtung hinaus tief in die Persönlichkeitssphäre des Kranken hineinreichen. Es ist deshalb falsch, diesen Verfahren den Stellenwert der Operation, Bestrahlung oder Chemotherapie einräumen zu wollen, obwohl sie sich damit vorteilhaft kombinieren lassen. Mit der aktiven und passiven Überwärmung sprechen wir zwar auch den Tumor, hauptsächlich aber den Menschen, seinen Wärmeorganismus und seine Wärmereaktion an. Daher haben wir hier weit mehr als bei den rein lokalistischen Maßnahmen konstitutionelle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, etwa, daß der kaltfrontempfindliche K-Typ nach CURRY, identisch mit dem leptosomen, hypergen, vagotonen A-Typ nach LAMPERT relativ leicht und ohne wesentliche subjektive Beschwerden auf hohe Körpertemperaturen zu bringen ist, dabei aber besonderer Überwachung, seines Kreislaufes bedarf, während der warmfrontempfindliche W-Typ nach CURRY, der pyknische, hypererge, sympathikotone B-Typ nach LAMPERT nur unter vermehrtem Zeitaufwand und gutem Zureden auf die erwünschte Mindesttemperatur zwischen 39 und 40 º gebracht werden kann. Unter den Vagotonikern finden wir die Mehrzahl der Geschwulsterkrankungen, besonders die der weiblichen Brust, der Lunge, des Pankreas und des gesamten Magen-Darmkanals sowie die myeloischen Leukosen. Vorwiegend den Sympathikotonikern sind zuzuordnen die Malignome des Eierstockes und Hodens, das Hypernephrom, die Lymphogranulomatose und die lymphatischen Leukosen. Körperwärme und Wärmeregulation sind individuelle Größen, die eng mit den lebenserhaltenden energetischen Funktionen des Mesenchyms zusammenhängen. Dessen Bedeutung als Immunorgan wurde uns durch die Forschungen der österreichischen Kollegen PISCHINGER, KELLNER, PERGER und BERGSMANN näher gebracht. Im mesenchymalen Bereich - und dieser ist praktisch ubiquitär - werden auch die durch Überwärmung entstehenden Zellzerfallsprodukte durch Monozyten und Makrophagen vernichtet. Ein Beweis für die fundamentale Bedeutung der jeder Überwärmungsbehandlung grundsätzlich vorauszuschickenden Mesenchymregeneration. Wer einen Patienten mit Mesenchymblockade, verursacht etwa durch ein Herdgeschehen, einer Hyperthermie oder Hyperpyrese unterzieht, handelt fahrlässig und hat den Misserfolg seiner Behandlung schon eingeplant. Die Kerntemperatur des gesunden Erwachsenen bewegt sich um einen Mittelwert von 36,5 º beim Mann, von 37 º bei der Frau und von 37,5 º beim Kind in einem zirkadianen Rhythmus von 1,3 - 1,5 º, beim Kind bis 2 º Amplitude. Selbst Anstiege bis 38 º haben beim Kleinkind keine pathologische Bedeutung, sondern sind ein Zeichen lebhafter Energiedurchströmung. Beim Krebskranken finden wir nicht nur im Schnitt tiefliegende Mittelwerte, sondern auch Abflachungen der Temperaturkurve bis zum nahezu horizontalen Verlauf derselben. Verliert sich allmählich die Starre und kehrt eine langsam deutlicher werdende Rhythmik zurück, so signalisiert dies eine Wendung zum Besseren. Andernfalls ist die Prognose schlecht. Wer mit Mistelpräparaten behandelt, weiß, daß auch dabei die Reaktion der Körpertemperatur erwünscht und signifikant ist. Was die exogen induzierte, passive Hyperthermie als Lokal- oder Ganzkörperanwendung betrifft, hat diese als Monotherapie hinsichtlich der damit beabsichtigten Malignostase oder Tumorregression eine meist unbefriedigende, kurzdauernde, allzu leicht in die unerwünschte Immunsuppression umschlagende Wirkung. Trotzdem wurden gerade damit die ersten und in der Folge die von mehreren Therapeuten reproduzierten Totalremissionen erzielt, ich erinnere an die Namen GOETZE und LAMPERT, denen es in den zwanziger bzw. dreißiger Jahren gelang, unter Ausschaltung der Blutzirkulation Sarkome und Melanome an den Extremitäten bzw. am Penis durch Lokalhyperthermie allein zum Verschwinden zu bringen. Die technisch-lineare Denkweise der orthodoxen Onkologie brachte es mit sich, daß auch seither der Wärmeangriff auf die Geschwulst im Mittelpunkt der Forschung stand. Die hervorragende Monographie von DIETZEL, "Tumor und Temperatur", gibt nicht weniger als rund 900 einschlägige Literaturstellen an. Auch bei der durch VON ARDENNE und sein Team in Dresden zu bewundernswerter Perfektion gebrachten Krebs-Mehrschritt-Therapie bildet die zunächst generelle Körperüberwärmung und sodann die gezielte Mikrowellendurchflutung des Tumorbereiches den wichtigen zweiten Schritt. Dort und bei allen derzeit laufenden Forschungsprogrammen an den Tumorzentren in Essen, Erlangen und München hat man den unbefriedigenden singulären Überwärmungseffekt verlassen und kombiniert diesen mit adjuvanten Angriffen auf die thermolabilisierte Krebszelle, etwa mit dosisreduzierter Bestrahlung oder subtoxischer Chemotherapie. Das gleiche gilt auch für die an manchen Kliniken jetzt laufende Perfusionsbehandlung mit extrakorporal überwärmtem Eigenblut. Ganz anders verläuft die endogene, aktive, also durch Antigene oder durch metabolische Faktoren ausgelöste Hyperpyrese, das echte Fieber. Hier dürfen wir eine viel tiefer greifende Umstimmung und maximale Aktivierung aller Abwehr- und Regenerationsvorgänge mit nachhaltiger Wirkung auf das Geschwulstgeschehen als Stoffwechselerkrankung erwarten. Auch hier liegt die Gefahr der Überforderung des Patienten nahe und muß durch systematisches, konstitutionsangepaßtes Vorgehen umgangen werden. Wer sich außerdem an das Prinzip der abgeschlossenen Herdbereinigung hält, geht auch hier sichere Wege. Die Überwärmungsbehandlung des Krebspatienten wird also nur in den seltensten Fällen eine Maßnahme der ersten Stunde sein. Selbstverständlich setzt aber die gesamte übrige Therapie sofort und ohne Zeitverlust ein, gleichgültig ob wir uns im Prä, oder postoperativen Stadium befinden. Wenn man den Patienten dann einigermaßen kennt und alle Voraussetzungen erfüllt sind, darf mit überwärmenden Maßnahmen begonnen werden. Dabei ist wiederum eine sorgfältige Entscheidung zwischen Hyperthermie und Hyperpyrese und der dann erst vorsichtig zu handhabenden Kombination beider Verfahren erforderlich. Im allgemeinen lasse ich gern mit dem einfachen ansteigenden Vollbad beginnen, das jeder Patient nach entsprechender Belehrung in Anwesenheit eines Angehörigen zuhause durchführen kann. Bei mittlerem Wasserstand und 37-38 º Wassertemperatur beginnend, läßt man ganz langsam und gleichmäßig heiß nachlaufen. Alle 5 Minuten wird die Körpertemperatur sublingual, der Puls und die Wassertemperatur gemessen und notiert. Die Dauer des Bades richtet sich nach dem Befinden des Patienten. Beim erstenmal sollte möglichst schon eine halbe Stunde erreicht werden, denn frühestens nach einer Viertelstunde beginnt der Körper die Wassertemperatur anzunehmen. Später wird das Bad jeweils um 5-10 Min. verlängert. Wenn irgend möglich, sollte auch der Kopf bis zur Nase mit eingetaucht sein. Die Intervalle dürfen 2 - 3 Tage nicht übersteigen, um die Hyperthermiewirkung nicht zu weit abfallen zu lassen. Während des Bades kann der Patient warmen Tee oder warme Säfte trinken. Bei längerer Badedauer kann zur Erfrischung auch mal ein kalter Schluck gegeben werden oder eine kalte Abwaschung des Gesichtes und der Arme erfolgen. Ärztliche Überwachung oder Nachschau ist aus psychologischen Gründen nur beim ersten und zweiten Mal empfehlenswert, telefonisch muß der Behandler natürlich immer erreichbar sein. Bei guter Kooperationsbereitschaft des Patienten und seiner Angehörigen gibt es erfahrungsgemäß fast nie Schwierigkeiten. Nach Abschluß des Bades bleibt der Patient erst einige Minuten im Wasser und dann auf dem Wannenrand sitzen und begibt sich mit Unterstützung unverzüglich in das vorbereitete, angewärmte und mit einem Badetuch ausgelegte Bett. Bade- und Ruheraum müssen temperiert, aber trotzdem gut belüftet sein. Es kommt meist zu einem länger anhaltenden Schweißausbruch unter protrahierter Hyperthermie. Kreislauflabile Patienten sind nur beim Aufstehen aus der Badewanne gefährdet. Man kann ihnen vor dem Bad Crataegutt oder Effortil geben. Nur selten muß man in solchen Fällen ganz von der Überwärmung absehen. Hat der Patient einige solche Bäder komplikationslos überstanden und haben sich seine Angehörigen an die Hilfeleistung gewöhnt, so kann nunmehr bedenkenlos an die Steigerung des Verfahrens in Richtung Hyperpyrese gedacht werden. Im WERNER ZABEL-INSTITUT wurden die Patienten dazu immer um die Mittagszeit bestellt, weil sich der ganze Vorgang dann nachmittags abspielt und die Nachtruhe meist wieder ungestört ist. Auch sollte der Patient außer dem Frühstück an diesem Tag nichts mehr zu sich nehmen, weil induziertes Fieber nicht selten mit Erbrechen verbunden ist. Als fieberauslösenden Faktor bevorzugen wir das jeweils als Therapeutikum dienende Mistelpräparat, nachdem dieses schon längere Zeit ohne nennenswerte Reaktionen toleriert worden war. Verwendet man nämlich ein Antigen, das der Patient noch nicht bekommen hat, riskiert man bei einem Allergiker - eine unter Krebskranken seltene Ausnahme - , daß man durch die dazu immer erforderliche intravenöse Injektion einen anaphylaktischen Schock, der fatal enden kann und die Hyperpyrese dann unnötig in Verruf bringt. (Ähnlich verhalten wir uns vorsichtshalber bei der Behandlung mit NeyTumorin, indem wir zunächst die Dilutionen s.c, dann erst das SOL-Präparat i.v. spritzen.) Man nimmt also beispielsweise bei einem mit Iscador vorbehandeltem Patienten eine Ampulle des 2%igen Präparates gleicher Sorte. Die Aussicht, schon damit einen Fieberstoß auszulösen ist gering, doch sollte man sich im Interesse aller Beteiligten grundsätzlich in dieser Weise einschleichen. Eine rein äußerliche Voraussetzung der hyperpyretischen Behandlung ist, daß der Heimweg bzw. die Heimfahrt des Patienten nicht zu weit sein darf. Bereits nach 30 - 60 Minuten kann der Schüttelfrost beginnen. Der Patient darf also keinesfalls selbst fahren und muß innerhalb der angegebenen Zeit zuhause sein. Dort begibt er sich sofort in das wie bisher vorbereitete Wannenbad, in dem sich das Frösteln leichter erträgt und das ansteigende Fieber zusätzlich aufgeheizt wird. So erzielen wir den optimalen Synergismus von Hyperpyrese und Hyperthermie, wie dies beispielsweise in der Klinik von ZABEL zwischen 1950 und 1970 stationär, im WERNER ZABEL-INSTITUT als deren Nachfolgeeinrichtung zwischen 1970 und 1984 ambulant an einigen hundert Krebskranken und Krebsgefährdeten praktiziert wurde. Wer kein Mistelpräparat als Antigen verwenden will oder wenn ein Patient darauf ungenügend anspricht, kann statt dessen das durch Bakterieneiweiß fiebererzeugende Vaccineurin oder Euflamin injizieren, muß aber auch dabei die einschleichende Dosierung (1/50-1/5) beachten. Der zweite und dritte Fieberstoß wird - beispielsweise mit 2 - 3 Ampullen Iscador 2% oder einer Ampulle 3% dann schon etwas besser gelingen. Mit der Verdoppelung der Ampullenzahl oder Steigerung der Stufen bzw. mit dem Anstieg der Vaccineurindosierung (1/50-1/5) wird sich jeweils die erwünschte und angemessene Hyperpyrese erzielen lassen. Für die Gesamtdauer der Fieberbehandlung läßt sich keine allgemeingültige Regel aufstellen. Wir haben etwa nach 2 - 3 Hyperthermien mindestens ebenso viele Hyperpyresen + Hyperthermie folgen lassen, das ganze nach einer Pause von 2 - 3 Wochen dann u.U. wiederholt, doch läßt sich dies - wie gesagt - nicht verallgemeinern. An Hand des Blutbildes und der Immunparameter, aber auch aus dem subjektiven Befinden des Patienten und der von ihm erfragten Bekömmlichkeit der Überwärmungen läßt sich einigermaßen beurteilen, ob und in welcher Stärke man diese fortsetzen darf. Bei Verschlechterung des Befindens hat man - sofern nicht das Fortschreiten des Geschwulstgeschehens daran beteiligt ist - die Toleranzgrenze evtl. schon überschritten. Noch ein Wort zu den flankierenden therapeutischen Maßnahmen. Daß die intermittierende exogene bzw. endogene Überwärmung eine Basis für radiologische und/oder chemotherapeutische Maßnahmen sein kann, habe ich schon erwähnt. Sofern es das Allgemeinbefinden erlaubt, steht einer solchen Kombination nichts im Weg. Die allgemeine Tendenz und die bessere Verträglichkeit neuer Schemata führt ohnehin dazu, Chemotherapie an Hand des klinisch festgelegten Programms vermehrt und in ambulanter Form dem Hausarzt zu delegieren. Bekanntlich verlaufen diese nebenwirkungsbeladenen Maßnahmen im Rahmen ganzheitsmedizinischer Tumortherapie wesentlich weniger toxisch und etwas erfolgreicher. Die bei jeder Geschwulstzerstörung - auch bei der Überwärmung - auftretenden Zerfallsprodukte finden - abgesehen von der überwärmungsbedingten Hidrosis - ihre beschleunigte Vernichtung und Ausleitung durch Orthoxibiose, Orthomolekularität, pH-Regulation, Enzymanreicherung, Phytotherapie und die vielen anderen, auf Gen-Reparatur und mesenchymale Optimalfunktion ausgerichteten Möglichkeiten der ganzheitsmedizinischen Tumortherapie. Nur als Bestandteil dieser dürfen Hyperthermie und Hyperpyrese verstanden werden, nicht als Fortsetzung der veralteten, hoffentlich bald endgültig überwundenen lokalistischen Auffassung des Krebsgeschehens. |
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NEU: www.windstosser-museum.info
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