von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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III. |
Therapeutischer Teil |
Die Matrixforschung als neuer Zweig medizinischer
Grundlagenforschung erweist sich als gewaltige Erweiterung und
Fortsetzung des aus dem 19. Jahrhundert überkommenen zellulären
Dogmas. Die bereits vorliegenden Befunde beweisen, daß die Zellmembran
keineswegs nur als Grenze zwischen dem Intra- und Extrazellularraum
aufzufassen ist, sondern von Elementen der extrazellulären
Grundsubstanz wie Fibronectin, Heparansulfat durchdrungen wird. Feinste
Strukturen des Zytoplasmas lassen ihrerseits einen alternierenden
Informationsaustausch zwischen Zelle und Matrix vermuten. Letztere
stellt nach neueren Erkenntnissen (PISCHINGER, PERGER, KNECHT, HEINE)
ein Molekularsieb und Pufferungsorgan dar, bestehend aus funktionellen
Glykosaminglykanen, Proteoglykanen, Struktur- und Vernetzungsproteinen.
Als metabolisch bedeutsame Transitstrecke bildet sie die entscheidende
Umsazustelle zur Ver- und Entsorgung der Zellen und deren regelrecht
verlaufenden Stoffwechselfunktion.
Die Erweiterung der einseitig-beschränkten Zellularvorstellung um die Dimension und Funktion des mesenchymalen Raumes bahnt gleichzeitig einen der Wege an zur Verständigung zwischen lokalpathologischer Lehrmedizin und ganzheitlicher Naturheilkunde. Dies wird besonders deutlich in der Nutzanwendung auf chronisch-degenerative, therapieresistente Erkrankungen. Es liegen überzeugende Beobachtungen vor, wonach unbiologische, unphysiologische Dauerbelastungen oder Reizüberflutungen des Grundgewebes individuell auch Geschwulstentstehung und -wachstum begünstigen (BERGSMANN, SCHLITTER). Auf den Kongressen der Gesellschaft für Matrixforschung werden für diese Zusammenhänge immer wieder neue Erkenntnisse und Bestätigungen beigetragen. Ich widme dem Thema Mesenchym deshalb viel Zeit, weil nur auf Basis des Verständnisses der mesenchymalen Funktion eines der Grundgesetze unserer Krebstherapie befolgt werden kann, gegen das ununterbrochen verstoßen wird, nämlich das Gesetz der Reihenfolge unserer Maßnahmen. Wer das zweite vor dem ersten tut, bringt sich und seine Patienten schon im Beginn seiner Behandlung um den Erfolg. Hier liegt auch eine der Ursachen für das häufige Versagen der Klinik, die immer nur manoman auf die Vernichtung des Tumors zugeht. Es ist wie bei einem Zahlenschloß. Wer den Code, die Reihenfolge nicht beachtet, hat die Vergeblichkeit seiner Bemühungen schon vorprogrammiert.
Das Mesenchym Das Mesenchym, Matrix, Grund-, Zwischen- oder Bindegewebe, ist entwicklungsgeschichtlich aus den drei Keimblättern, hauptsächlich aus dem Mesoderm, entstanden. Es nimmt deshalb nicht nur ontogenetisch, sondern auch hinsichtlich der in ihm enthaltenen vielfältigen Formelemente eine Sonderstellung unter den meisten Bestandteilen des Organismus ein. Seine überragende zentral-kybernetische Funktion und damit verbundene Bedeutung für die Vorgänge des Lebens, der Gesundheit und Krankheit wurde jedoch erst in neuerer Zeit erforscht und der Therapie zugänglich gemacht. Der französische Anatom BORDEU [10] bezeichnete bereits 1767 das bis dahin bedeutungslose Bindegewebe als "organe cellulair“. Sein Landsmann RAYNAUD (1834 - 1881) sah hundert Jahre später im Bindegewebe "die größte Drüse des Körpers". Der Pathologe RINDFLEISCH (1816 - 1911) stellte die Frage, ob VIRCHOW (1821 - 1902) mit seiner das Bindegewebe völlig ignorierenden Zellularpathologie nicht doch zu einseitig geblieben sei. Der Anatom HERTWIG (1849 - 1922) [30,31] schuf den Namen "Mesenchym" und unterschied in diesem den faserigen "reifen" und den amorphen embryonalen "unreifen" Anteil. BUTTERSACK [13] erweiterte diese Begriffe 1912 durch das von ihm so benannte, mit kollagenen und elastischen Fasern durchzogene "Stützgewebe“ oder "Interstitium" und das eigentliche "weiche Bindegewebe" mit dem in ihm eingebetteten "Retikulo-endothelialen System" (RES), das dann von ASCHOFF [2] 1924 in seiner vielfältigen zirkulatorischen, metabolischen und immunkompetenten Funktion seine weitere Definition erfuhr. Dem retikuloendothelialen oder retikulohistiozytären System (RES bzw. RHS) fällt im Rahmen der lebenswichtigen Aufgaben des Mesenchyms die Erkennung, Phagozytose und Speicherung von Fremdstoffen, Fremdkörpern und Mikroorganismen zu. Es setzt sich zusammen aus Zellen des retikulären, also netzförmigen Bindegewebes (Retikulumzellen), aus eigentlichen Bindegewebszellen (Fibrozyten), aus Blutgefäß- und Lymphgefäßwandendothelien (Retikuloendothelien), aus eigenständigen Histiozyten und (aus Monozyten entstehenden) Makrophagen (Freßzellen). In seiner Hauptaufgabe der "Abfallbeseitigung“ wird das RES unterstützt durch Antikörper (IgG), Komplemente und Koenzyme. Mesenchym ist praktisch überall im Organismus vorhanden. Es bekleidet den Körper lückenlos als Unterhautgewebe, es füllt alle feinen Spalten und Lücken zwischen den Zellen und Organen aus, es überzieht und durchdringt alle Organe. Nirgendwo gibt es direkten Kontakt zwischen Organen, Gefäßen, Nerven und selbst Zellen, überall ist das allgegenwärtige Bindegwebe als "mesenchymaler Raum", als "Transitstrecke“ dazwischengeschaltet. In diesem Raum beginnen die Lymphbahnen, in ihm verläuft die kapilläre Endstrombahn, in ihm enden die vegetativen Nervenfasern, in ihm vollzieht sich eine stete rhythmische Fluktuation der extravasalen Flüssigkeit des ganzen Körpers und der damit verbundene Austausch gelöster Energieträger und Stoffwechselprodukte. EPPINGER [17] spricht - alternativ zur arterio-venösen Zirkulation - von einem "inneren Kreislauf". Die mesenchymale Flüssigkeitsmenge übertrifft nach MOLENAAR und ROLLER [48] mit 15 - 17 Litern beim Erwachsenen die Quantität von Blut und Lymphe um etwa das Doppelte. BERGSMANN [5,6,7] stellt eine Abhängigkeit der Fließgeschwindigkeit dieses Mediums vom elektrostatischen Zustand bzw. vom Ionisationsgefälle der durchströmten Gewebe fest. Analog dazu berichtet SEEGER [79] von einem Zusammenhang mit dem Biorhythmus des Säure-Basenausgleiches. Demnach quillt der humorale Anteil der Grundsubstanz und schrumpfen die kollagenen Fasern bei steigendem Gewebs-pH, während im umgekehrten Fall der humorale Anteil schrumpft und die kollagenen Fasern quellen. Dadurch entsteht eine Pumpbewegung, die sich dem gesamten Mesenchym des Organismus mitteilt. All diese Feststellungen sind wichtig, weil sie einmal mehr den Zusammenhang mesenchymaler Reaktionen mit den ernährenden, atmosphärischen, ökologischen und geopathischen Umweltfaktoren beweisen. Mesenchymale und retikuloendotheliale Zellen durchsetzen massenhaft das Parenchym der daran besonders reichen Organe wie Nebenniere, Thymus, Milz und Leber sowie die für die Entwicklung des Fötus im Mutterleib kompetente Plazenta und die Nabelschnur. Deshalb liefern diese Gewebe, besonders im Stadium ihrer vorgeburtlichen oder jugendlichen Aktivität, die Ausgangssubstanzen für die Herstellung der zur Revitalisierung des gesamten Organismus oder zur Aktivierung seiner Heilkraft dienenden Präparate (siehe "Mesenchymale Therapie"). Den Magen-Darmkanal und dessen Anhangsgebilde umgibt das von Mesenchym durchdrungene größte Lymphsystem des Körpers. Diesem obliegt die Erkennung und Abwehr der mit der Nahrung aufgenommenen oder daraus entstehenden Schadstoffe. Aufschließung und Verwertung aber erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Darmflora in den verschieden konditionierten Abschnitten des Verdauungstraktes. Damit steht auch die Ernährung in enger Beziehung zur mesenchymalen Regulation der Stoffwechsel- und Immunvorgänge. Unter den verschiedenen teils zirkulierenden teils ortsfesten zellulären Bestandteilen des Mesenchyms nehmen die Fibroblasten eine Sonderstellung ein. In ihrer Jugendform sind sie an der Bildung der mesenchymalen Zwischenzellsubstanz beteiligt und reifen dann zu den Fibrozyten: längliche, flächig ausgebreitete, fortsatzreiche Zellen, die nach neueren Erkenntnissen sehr wandlungsfähig sind und sich zu den ebenfalls sternförmig verzweigten Retikulumzellen, Megakaryozyten, Monozyten, Lymphoblasten und Lymphozyten verwandeln können. Die bisher als ausschließlich der myeloischen bzw. lymphatischen Genese zugeschriebene Entstehung dieser Zellen bedarf somit der Revision. Im mesenchymalen Raum vollzieht sich auch deren Auflösung (Erythrolyse und Leukolyse), wobei regulativ wirksame Zerfallsprodukte, Nekrohormone usw. entstehen. Nach den Untersuchungen von FEYRTER [18] sind zwei Reihen der Retikulumzellen mit verschiedener Größe zu unterscheiden. PISCHINGER [56 - 65] gelang es, die physiologische Bedeutung dieser auch in ihrer elektrischen Ladung differenten Zellen nachzuweisen. Die kleineren gelten demnach als die Stammzellen der Lymphozyten. Im ausgereiften Zustand werden sie selbständig und ortsbeweglich. Die Lymphdrüsen sind nach dieser Auffassung Speicherorgane vorwiegend kleiner Retikulumzellen, die dort nach Bedarf zu Lymphozyten heranreifen. Die großen Retikulumzellen dagegen finden sich hauptsächlich in der Leber und sind hier nach PISCHINGER identisch mit den KUPFFERschen Sternzellen. Auch diese können bei Bedarf umgewandelt werden, reifen dann aber zu Monozyten, deren Vermehrung, Funktion und Untergang mit dem von PISCHINGER beschriebenen M-Faktor verbunden ist, einem für den Schockausgleich und Heilungsvorgang äußerst wichtigen Inkret mit dem Charakter einer hochmolekularen Fettsäure. Andere mesenchymale Regulative gehören den hochpolymeren Zuckern, den sogenannten Mucopolysachariden oder Proteoglykanen an, die in komplizierten Verbindungen und Vernetzungen den humoralen Teil des Mesenchyms bilden. Mit dem RES in enger Arbeitsgemeinschaft regelt das Mesenchym zahllose lebenserhaltende Abläufe der Nährstoffversorgung, Zellatmung, Immunüberwachung, Infektabwehr, Antigenerkennung usw. Kraft seiner embryonalen Herkunft und der noch in ihm schlummernden polyvalentontogenetischen Potenz, insbesondere auch hinsichtlich der sich in ihm abspielenden interzellulären Informations- und Reizübertragung hat das Mesenchym seine dominierende Bedeutung bei der Verhütung und Überwindung des Krankheitsgeschehens sowie bei allen Repairvorgängen. Das Zelle-Milieusystem reagiert dabei prinzipiell ganzheitlich (wenngleich gelegentlich auch nur halbseitlich) und zwar blitzartig, d.h. mit Lichtgeschwindigkeit. Dies erleichtert uns das Verständnis für manche wissenschaftlich bisher unerklärlich gebliebene Erscheinung aus dem Bereich der alternativen Medizin, z.B. das Sekundenphänomen, die Akupunktur, das Herdgeschehen usw. Als Überträger dieser "wunderwirkenden“ Impulse dürfen aller Wahrscheinlichkeit nach die Biophotonen gelten, die von POPP als kleinste kohärente Lichtwellen-Fragmente des UV-Bereiches verifiziert wurden und vielleicht die wichtigsten Energieträger der gesamten lebenden Natur überhaupt sind. Von großer therapeutischer Bedeutung ist die Tatsache, daß auch die Krebsgeschwulst normales Mesenchym enthält, ja, daß sich die Krebszellen sogar mit molekularer körpereigener Substanz aus diesem Gewebe tarnen (Neuramin, Transferrin, Fibrin usw.). Dieser Umstand erschwert dem Organismus die Erkennung maligner Zellen als "artfremd", weshalb hinsichtlich des körpereigenen Krebsschutzes auch keine Parallelen zu den uns aus der Bakteriologie und Toxikologie her geläufigen Abwehrvorgängen, der Antigen-Antikörperreaktion, der Selektion usw. gezogen werden können. Dennoch reguliert das Zelle-Milieusystem alle Lebensvorgänge nervaler, biochemischer und biophysikalischer Art. Diese Fähigkeit ist jedoch nicht unerschöpflich. SELYE [80] unterscheidet zwischen dem durch akuten Schock ausgelösten kompensationsfähigen Alarmsyndrom und dem bei fortgesetztem "Disstreß" auftretenden vegetativen Zusammenbruch mit seinem mannigfachen Symptomenbild der "Adaptationskrankheiten". Jede die Grenze der psychischen oder physischen Ausgleichsfähigkeit dauernd oder immer wieder überschreitende Belastung, jeder anhaltende und nicht beseitigte Störfeldreiz, jedes Herdgeschehen, jede geopathische oder elektromagnetische Influenz führt schließlich zur mesenchymalen Insuffizienz, zur Mesenchymblockade, zur Hypergie und Anergie. Jeder therapieresistenten Krankheit, jedem mit Degenerationstendenz verbundenen Leiden, insbesondere dem Krebsgeschehen, geht meist lange Zeit und dem Patienten nicht zum Bewußtsein kommend ein mesenchymales Versagen voraus. Und es ist klar, daß die mesenchymale Kybernetik und Heilkraft erst nach Beseitigung der Primärschäden wiederhergestellt werden kann. Da nach PISCHINGER zunächst immer die unspezifischen, dann erst die spezifischen Immunvorgänge versagen, muß auch diese Reihenfolge in der Therapie berücksichtigt werden. Sowohl BUTTERSACK [13], als auch der Wiener Kliniker EPPINGER (1879 - 1946) waren bereits der Überzeugung, daß viele Krankheiten ihren Ausgang vom Bindegewebe nehmen. Zur gleichen Auffassung kam 1953 FROMME [20] hinsichtlich der Karzinogenese, der er die ordnende "embryonale Kraft" des Mesenchyms gegenüberstellte. Auch in der umfangreichen Literatur der von RUDOLF STEINER (1861 - 1925) nach anthroposophischen Gesichtspunkten erweiterten Heilkunde, die den Menschen als leib-geist-seelische Wesenseinheit sieht, finden wir - etwa bei HAUSCHKA, HEINE, HOLTZAPFEL, LEROI, LORENZ, VOGEL, WOLFF und anderen ärztlichen Vertretern dieser Richtung [25-28] - ähnliche Gedankengänge und Schlußfolgerungen. All diese von der lokalpathologisch erstarrten Hochschulmedizin ignorierten oder bekämpften Erkenntnisse fanden ihre erste große wissenschaftliche Zusammenfassung, Bestätigung und Erweiterung durch die etwa ab 1950 in zahlreichen Arbeiten veröffentlichten Ergebnisse der Mesenchymforschung durch die Wiener Schule unter dem Ordinarius für Histologie Professor ALFRED PISCHINGER und seinen Mitarbeitern. Sein Lebenswerk wurde nach seinem Tod 1983 von seinen Freunden und Schülern KELLNER, PERGER, BERGSMANN, DRACZYNSKI (siehe Literatur) fortgesetzt, vorwiegend Mitglieder des österreichischen LUDWIG BOLTZMANN-INSTITUTS und der DEUTSCHEN MEDIZINISCHEN ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR HERD- UND REGULATIONSFORSCHUNG (DAH). Es kam dadurch zu einer glänzenden Rehabilitation und Neubelebung der durch das VIRCHOWsche Dogma verdrängten und in Vergessenheit geratenen Humoralpathologie und Humoraltherapie. Die Ganzheitsmedizin, wegen ihrer Unspezifität, Subjektivität und Polyvalenz eine bisher kritikanfällige, nur erfahrungsheilkundlich belegbare Disziplin, besitzt nun handfeste Argumente und ein wissenschaftlich nachprüfbares Fundament. Das von PISCHINGER und seiner Schule geschaffene Werk muß jeden noch so kontrovers eingestellten Kritiker überzeugen. Es wurde ein Meilenstein mehr, ein Signal mehr im Aufbruch zu einer von den Fesseln der Zellular- und Organ-Gebundenheit befreiten, wieder der leib-seelischen Ganzheit des Menschen zugewandten Heilkunde. Die weiterführenden Wege sind vorgezeichnet. Dem jungen Medizinstudenten freilich, der dieses faserige Bindegewebe bei der sauberen Präparation von Organen, Gefäßen und Nerven in der Anatomie nur als lästig empfindet und achtlos in den Kübel wirft, bleibt das in diesem Organ sich vollziehende Wunder verborgen. Wird sein Wissen Stückwerk, seine spätere ärztliche Tätigkeit ein Handwerk bleiben ? Die Stagnation in der onkologischen Forschung und Therapie ist zum nicht geringsten Teil auf die Unkenntnis der mesenchymalen Funktion zurückzuführen. Nach dem heutigen Stand unserer Kenntnis liegt - im Gegensatz zu der von den bisher maßgebenden Onkologen (VIRCHOW, K.H.BAUER u.a.) verkündeten Lehre der isolierten Zellmutation - auch dem Krebsgeschehen eine primäre, Jahre- bis jahrzentelange mesenchymale Vorkrankheit mit Verlust der ordnenden und differenzierenden Kraft des Mesenchyms zugrunde. Nur auf dieser Basis kann die chaotische Zelldegeneration an einer Schwachstelle des Organismus Fuß fassen. Und nur unter der Voraussetzung des Verständnisses dieser Kausalität kann das Konzept einer erweiterten, sytemisch wirkenden Krebstherapie überhaupt begriffen und realisiert werden. Unser heutiges Wissen über das Mesenchym, beruhend in der Hauptsache auf den Forschungsergebnissen der PISCHINGERschen Schule, läßt sich in folgenden Punkten zusammenfassen: 1. Dem Mesenchym kommt eine Schlüsselrolle als übergeordnetes ganzheitliches Regelprinzip zu. In ihm vollzieht sich mit Lichtgeschwindigkeit die Informationsleitung und -verteilung über das hochvernetzte Kommunikationssystem des Organismus. 2. Das Mesenchym, die in ihm enthaltenen Zellen und die extrazelluläre extravasale Flüssigkeit sind energetisch gesehen ein offenes, autonomes, ganzheitlich kommunizierendes Regulationssystem mit embryonalem "Erinnerungsvermögen", dem alle phylogenetisch und ontogenetisch jüngeren Systeme untergeordnet sind. Die linear-wissenschaftliche Denkweise reicht zum Verständnis der sich hier abspielenden Phänomene nicht aus. "Wer eindimensionale Kausalketten auf vernetzte Systeme anzuwenden versucht, kann für seine Arbeiten nicht mehr den Anspruch der Wissenschaftlichkeit erheben" (THOMAS 1986). 3. Das Mesenchym reagiert ausnahmslos ganzheitlich und ubiquitär auf alle wie immer gearteten Reize kurzer oder langer Dauer. Überbeanspruchung der Adaptationsfähigkeit führt zu mesenchymaler Reaktionsschwäche, schließlich zur mesenchymalen Blockade. 4. Die im Mesenchym ablaufenden Steuerungsvorgänge sind mit definierten humoralen und zellulären Veränderungen verbunden. Leukolyse und Monozytose spielen dabei eine Rolle. LUTZ und PISCHINGER identifizierten zwei Inkrete des Mesenchyms mit unterschiedlich phasenkongruenter, vagotroper Wirkung auf Abwehr-, Schock- und andere neuro-vegetative Stoffwechselvorgänge. 5. Zelluläre und humorale Seitenspezifität bzw. Asymmetrie mesenchymaler Reaktion ist eine Tatsache, "die jeder sofort zur Kenntnis nimmt, der sie überprüft, die aber jeder leugnet, der zu solcher Prüfung nicht den Mut aufbringt" (BERGSMANN). 6. PISCHINGER differenzierte zwei heterogen geklonte Fibroblastentypen mit unterschiedlicher physiologischer Aufgabe und von einander abweichender morphologischer Entwicklung. Lassen wir abschließend noch einen der profiliertesten Mitarbeiter des Kreises um PISCHINGER, Professor GOTTFRIED KELLNER [34-36] zu uns sprechen mit einer Bemerkung, die er an das Ende eines eigenen Vortrages gesetzt hat: "Wenn man wieder zur Frage zurückkehrt, wo denn die Medizin in der Krise der westlichen Welt steht, dann bleibt eines offen: Daß das, was von unserem Bereich der theoretischen Medizin für die Grenzgebiete der Medizin geleistet wurde, von den klinischen Institutionen entweder nicht anerkannt oder ignoriert oder nicht verstanden wurde. Ich möchte diese drei Begriffe in eine allgemeinverständliche Form bringen: "Nicht anerkannt" möchte ich als Hochmut bezeichnen, der nicht nur die Grenzgebiete, sondern auch die theoretische Medizin von der klinischen Medizin abgrenzt, und das ist eine gefährliche Spaltung innerhalb einer Fakultät. "Ignoriert“ man das aber das Grundsystem, die zelluläre und humorale Asymmetrie als Folge einer regionären Desintegration, von der mehr als 90% der Bevölkerung betroffen sind, dann muß man die Forschungsgelder, die den Fakultäten zugeteilt werden, jenen Institutionen zur Verfügung stellen, die sich um die chronischen Erkrankungen der Bevölkerung bemühen, da diese die größten Soziallasten verursachen. „Nicht verstanden" heißt ganz klar ausgedrückt, seine Insuffizienz im Erkennen pathophysiologischer Regulationsmechanismen einzugestehen - oder Angst vor dem Fortschritt zu haben." |
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NEU: www.windstosser-museum.info
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