von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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II. | Allgemeiner und historischer Teil |
Patienten-Selbsthilfegruppen
Die seit einem Jahrhundert primär und exklusiv somatisch orientierte Krebstherapie befreit in perfektionierter Technik und mit seit Generationen zunehmender Erfahrung unzählige Kranke von ihrem Tumor, ist aber relativ hilflos dann, wenn sich diese in der nachklinischen Zeit mit mannigfachen Klagen wieder einfinden, die mit dem primären Geschwulstleiden nicht unmittelbar zusammenhängen. Solche Situationen treten besonders häufig dann ein, wenn nach operationsbedingtem Organverlust eine längere Anpassung an den entstandenen Defekt oder funktionellen Ausfall das Leben erschwert, mehr noch, wenn körperlich nicht immer zu verheimlichende, die zwischenmenschlichen und familiären Beziehungen oder gar die Intimsphäre berührende und belastende Veränderungen in Kauf genommen werden müssen. Darunter leiden besonders schwer Frauen nach verstümmelnden Brust- oder Unterleibsoperationen. In der Bundesrepublik sind jährlich nicht weniger als rund 30.000 Neuerkrankungen an Brustkrebs zu verzeichnen und jedem dieser Opfer steht ein mehr oder weniger schwerer Weg auch nach erfolgreicher Resektion oder Amputation bevor. Wenn dann sowohl beim Arzt als auch noch in der Familie und ehelichen Gemeinschaft vergeblich nach einem verständnisvollen, hilfreichen und tröstlichen Gespräch gesucht wird, liegt die Gefahr des Psychischen Abgleitens bis zur echten Neurose, Psychose und Depression sehr nahe. Eine brustamputierte, äußerlich sehr resolute Frau hat das einmal so ausgedrückt: "Ich möchte meinen Arzt anschreien, wenn er mir jedesmal überschwänglich zu meiner Heilung gratuliert, für meine angedeutete innere Not und Gefährdung meiner Ehe aber nur ein nachsichtiges Lächeln hat und mich schulterklopfend zur Tür geleitet". Obwohl Krebskranke heute mehr und bessere Hilfe erfahren als noch vor Jahren, fühlen sich viele im System der modernen klinischen Onkologie verängstigt und alleingelassen. Sie geraten trotz aller sie umgebenden medizinischen Betriebsamkeit nicht selten in einen Zustand der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, der sich auf den Heilungsvorgang ungünstig auswirken kann. Derartige Erlebrisse veranlaßten 1952 in den USA die vom Schicksal Krebs betroffene TERESE LASSER anstatt zu resignieren, für sich und ihre Leidensgenossinnen neue Formen der Lebenshilfe „danach" und zur Erleichterung der Wiedereingliederung in den Alltag und in die Familie zu organisieren. Dieses "Reach to Recovery Program“ fand rasch großen Anklang. Es wurde alsbald von der American Cancer Society, später auch vom National Cancer Institute (etwa dem Deutschen Krebsforschungszentrum vergleichbar) unterstützt. Von dieser Seite werden seither viele Projekte mit jährlich 7 - 8 Mio Dollar gefördert, die in erster Linie der Selbsthilfe, Lebenshilfe und Rehabilitation dienen. Ähnliche Bestrebungen in der Bundesrepublik Deutschland hatten es schwerer. Sie wurden als Sammelstellen unzufriedener oder nach "alternativer“ Behandlung suchender Patienten zunächst sogar beargwöhnt. Als man nach Jahren den adjuvant-therapeutischen Wert der Selbsthilfegruppen zu erkennen begann, bemühte man sich stellenweise darum, deren Aktivität im schulmedizinischen Sinn auszurichten und Abweichungen zu verhindern. Als eine der ersten unabhängigen Gruppen formierte sich 1971 die „Liga für Krebsgefährdete" in Wiesbaden. Sie wurde von ihrem Gründer ALFRED TÖRMER und dessen Gattin mit großem persönlichen Einsatz bis zu deren gemeinsamen Unfalltod 1986 geleitet. Die Zahl dieser Sammel- und Beratungsstellen wuchs in der Folge rasch an. Allein in Berlin existieren in jedem Bezirk eine oder mehrere Selbsthilfegruppen. (siehe die Angaben nach dem Literaturhinweis). An jeder dieser über die ganze Bundesrepublik verteilten Stellen können Auskünfte und Anschriften erfragt werden. Es gibt Spezialgruppen - mit den wohl höchsten Mitgliederzahlen für brustamputierte oder unterleibsoperierte Frauen, außerdem für Männer nach Operationen der Prostata, der Hoden oder der Bauchspeicheldrüse, ferner der Kehlkopflosen oder der mit einem künstlichen Darm- oder Blasenausgang Lebenden (ILCO). Insgesamt sind diese Patienten-Selbsthilfegruppen eine segensreiche Einrichtung. Sie wollen ihren Mitgliedern und Außenstehenden helfen durch
In dieser Form werden die Teilnehmer bei der physischen und psychischen Überwindung der Krebskrankheit unterstützt, zu einem positiven Leben nach Abschluß der klinischen Therapie motiviert und vor der inneren oder äußeren Vereinsamung bewahrt. Bei den noch Kranken wird im Selbsthilfekreis die Zeit zwischen den einzelnen Phasen der Behandlung sinnvoll ausgefüllt und der Wille zum "Leben mit dem Tumor" gestärkt. Geteiltes Leid ist halbes Leid. In manchen Fällen ist es wichtig, daß Ansprüche gegenüber Behörden oder Kostenträgern kollektiv und unter sachkundiger Beratung leichter durchsetzbar sind. Manche Krebspatienten erfahren erst in der Gruppe, auf welche Leistungen ihrer Krankenkasse oder Versicherung sie Anspruch haben und welche zusätzlichen therapieunterstützenden Möglichkeiten, insbesondere ganzheitsmedizinischer Art, es für sie noch gibt oder auf welche Leistungen der Versicherungsträger Anspruch haben. Die Gruppenarbeit spielt sich üblicherweise in Form von Gesprächsrunden ab, zu denen die Mitglieder in regelmäßigen bzw. vereinbarten Abständen zusammenkommen. Der zunächst oft sehr kleine Personenkreis versucht sich in dieser Weise zu erhalten und zu vergrössern, bis sich ein Betroffener, besser noch ein Psychologe oder Psychotherapeut als geeigneter Gesprächsführer findet. Kosten sollten den Beteiligten dadurch nicht entstehen. Auch ärztliche Hilfe ist dazu weniger geeignet, weil die Gruppe dadurch möglicherweise auf eine bestimmte therapeutische Richtung festgelegt wird, was der Liberalität und Selbstbestimmung ihrer Mitglieder widersprechen würde. Jeder Teilnehmer soll seine Entscheidung selber treffen, seinen Weg selber finden können. Innere Not, Rat- und Hilflosigkeit in klinischer Behandlung alleingelassener Krebspatienten hat zur Schaffung der Selbsthilfegruppen geführt. Diese haben sich in der Erfüllung ihrer zwischenmenschlichen, psychologischen und psychosozialen Aufgaben bestens bewährt. Sie sind als Ergänzung der somatisch orientierten Onkologie einschließlich deren Nachsorgeprogramm nicht mehr wegzudenken.
Regionale und überregionale Auskunftsstellen und Kontaktadressen in Fragen der Selbsthilfe:Deutsche Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen, Friedrichstr.28,
6300 Gießen Informationsschriften:Selbsthilfegruppen-Nachrichten. Mitteilungsblatt der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen (siehe oben). Enthält laufend zahlreiche Literaturhinweise, auch des anglo-amerikanischen Sprachraumes, Anschriften aller Selbsthilfegruppen der Bundesrepublik, Anweisungen zur Neugründung solcher sowie die Titel der einschlägigen Zeitschriften. Hilfe durch Selbsthilfe. Selbsthilfegruppen in eigener Darstellung. Ein Wegweiser, herausgegeben vom Senator für Gesundheit, Soziales und Familie, "Urania“, 1000 Berlin 30, Enthält die Anschriften vieler Selbsthilfegruppen, Auskunftsstellen, Arbeitskreise und Sozialstationen unter Berücksichtigung der Fachbereiche, insbesondere im Bereich Berlin. Auskunftsstellen - Regionale und überregionale Auskunftsstellen und Kontaktadressen in Fragep der Selbsthilfe: Deutsche Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen, Friedrichstr.28, 6300 Gießen (auch für Organisationen im Ausland) / Frauenselbsthilfe nach Krebs, L 4/9 und R 3/13, 6800 Mannheim, ferner Von Denis-Str.17, 6702 Limburgerhof. / Bayerische Krebsgesellschaft, Tumblinger Str.4, 8000 München. / Gesellschaft für Biologische Krebsabwehr (GfBK), Hauptsee.-27, 6900 Heidelberg, / Gesellschaft zur Bekämpfung der Krebskrankheiten Nordrhein-Westfalen, (GBK), Kettwiger Str.6, 4000 Düsseldorf 1. Informationsschriften: Selbsthilfegruppen-Nachrichten. Mitteilungsblatt der Deutschen Arbeitsgemeinschaft der Selbsthilfegruppen (siehe oben). Enthält laufend zahlreiche Literaturhinweise, auch des anglo-amerikanischen Sprachraumes, Anschriften aller Selbsthilfegruppen der Bundesrepublik, Anweisungen zur Neugründung solcher sowie die Titel der einschlägigen Zeitschriften. / Hilfe durch Selbsthilfe. Selbsthilfegruppen in eigener Darstellung. Ein Wegweiser, herausgegeben vom Senator für Gesundheit, Soziales und Familie, "Uraniall, 1000 Berlin 30, Enthält die Anschriften vieler Selbsthilfegruppen, Auskunftsstellen, Arbeitskreise und Sozialstationen unter Berücksichtigung der Fachbereiche, insbesondere im Bereich Berlin. Organisationen und Auskunftsstellen zum Thema Haus und Wohnen: Schweiz |
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NEU: www.windstosser-museum.info
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