von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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II. | Allgemeiner und historischer Teil |
"Auch die frühest mögliche Diagnose
eines noch so kleinen Malignoms bedeutet die Endphase des
Krebsgeschehens. Sie vermag wohl das Krebsgeschäft, unter den
herrschenden onkologischen Zwängen jedoch niemals die Heilungsquote zu
steigern."
Dr.med. Dr.phil. JOHANNES KUHL [11,12], onkologisch tätig gewesener Allgemeinpraktiker Unter diesen Bezeichnungen versteht man eine sowohl stationär als auch ambulant durch kurmäßige, erforderlichenfalls therapeutisch unterstützte oder fortgesetzte Behanalungsform Krebskranker nach Abschluß ihrer primär oder sekundär klinischen Therapie. Diese Maßnahme bezweckt eine Optimierung des psychischen und physischen Befindens solcher Patienten als Bestandteil ihres Schutzes vor Rezidiv oder Metastasierung sowie die Ausheilung der häufig verbleibenden Therapieschäden. Eine personell adäquate Nachkur verbessert mithin die Lebensqualität und Lebenserwartung, sie beschleunigt außerdem die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und ist damit ein wichtiger sozialer bzw. psychosozialer Faktor. Aus diesen Gründen übernimmt die GKV die Kosten solcher Nachkuren als Pflichtleistung, nötigenfalls auch deren Verlängerung und Wiederholung. Jeder Arzt ist berechtigt, diese Maßnahme für die von ihm betreuten Krebspatienten zu beantragen. Zuständig für die Entgegennahme und Bewilligung der Anträge sowie die Verteilung der Kuranwärter auf die hierfür autorisierten Reha-Sanatorien oder -Kurheime ist die AfK in Bochum (früher "Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung der Träger der Gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung"). Daß (nach dem Stand von 1990 und mit sinkender Tendenz) nur 20%, also jeder lediglich jeder 5. der dazu berechtigten Patienten, von dieser Nachsorge Gebrauch machen, spricht zwar gegen deren Akzeptanz, nicht jedoch gegen deren tatsächlichen Nutzen. Eine Studie an Hand des Krebsregisters der Stadt Bremen ergab hinsicht der Morbidität der zur Nachkur verschickten gegenüber den nicht verschickten Patienten ein Minus von 29 gegenüber 37% nach 5 Jahren, von 2-4 gegenüber 32% nach 10 Jahren. Noch bedauerlicher ist der mit den Restriktionen im Gesundheitswesen zusammenhängende Schwund der Nachkur-Anträge und -Genehmigungen während der letzten Jahre:
(Angabe nach imu 97 07 128 |
In den Zitaten älterer, lehrmedizinisch orientierter Onkologen (5-0,
5.3) klingt wiederholt das Verlangen nach einer besseren und
konsequenteren, ergänzenden oder nachsorgenden Therapie auf. Eine
solche wäre überflüssig, wenn man dem Krebskranken in Erkenntnis
seines Leidens als Immun- und Repairschwäche eine grundsätzliche,
prä- und postoperative Basisbehandlung angedeihen lassen würde. Sie
ihm im Nachhinein anzubieten, bedeutet Zeitverlust, Wirkungsminderung
und Risikoerhöhung.
Wenn der Krebspatient nach Abschluß der operativen, radiologischen oder zytotoxischen Maßnahmen aus der Klinik entlassen wird, befindet er sich selbst günstigstenfalles in einem mehr oder weniger beeinträchtigten Gesamtzustand. Er muß sich an Verluste oder Funktionsstörungen von Organen gewöhnen. Das Selbstbewußtsein beeinträchtigende Veränderungen, Deformierungen, etwa der weiblichen Brust oder des Gesichtes erzeugen das Gefühl der Verstümmelung, der Minderwertigkeit, der persönlichen Benachteiligung. Durch den wochen- oder monatelangen Klinikaufenthalt ist der Patient seiner Umgebung und seinem Arbeitskreis entwöhnt oder gar entfremdet. Dazu können familiäre oder partnerschaftliche Konflikte kommen. Die Ungewißheit über das weitere Schicksal und die Hilflosigkeit gegenüber dem innerlich nicht verarbeiteten Krankheitsgeschehen - meist eine Folge mangelhafter Aufklärung oder ärztlicher Zuwendung - können schwerwiegende psychosomatische Folgezustände auslösen. Hier beginnt die Aufgabe der psychologischen und psycho-onkologischen Führung und Beratung (10.19 10.22). Die Häufigkeit der behandlungsbedürftigen organischen, nicht unmittelbar karzinomrelevanten Komplikationen oder direkten Therapieschäden wurde unter 5.0, 5.1, 5.2 und 5.3 erwähnt. Vordergründig ist jedoch die je nach Geschwulstart prozentual verschieden hohe, aber immer vorhandene Gefahr des Rezidivs oder der Metastasierung des Primärtumors. SOERGEL [36] gibt die Zahl der während der ersten zwei Jahre nach Abschluß der klinischen Behandlung auftretenden Rezidive mit 85,7% an. SCHRIMPF [35] unterteilt diese Quote in 74,1% im ersten, 12,7% im zweiten und 6,7% im dritten postoperativen Jahr. Eindrucksvoll sind die von KROKOWSKI [20] dargestellten, seiner Auslegung nach sogar teilweise iatrogenen Metastasen in ihrer Häufigkeit und zeitlichen Sequenz Hierher zählen auch die sogenannten Zweit- oder Mehrfachtumore, d.h. bösartige Geschwülste, die histologisch nicht identisch sind mit dem Ersttumor, nach unserer ganzheitlichen Auffassung aber auf dem-Boden der gleichen, unbehandelt gebliebenen Abwehr- und Repairschwäche entstanden sind. LIEK [23] schreibt: "Bei 1 - l½% aller Krebserkrankungen treten gleichzeitig (oder nacheinander) mehrere primäre Krebse auf. GÖTZE beobachtete bei einem Menschen sieben Primärkrebse. Diese multiplen Krebse können den gleichen, aber auch verschiedenen histologischen Aufbau zeigen. Sehr auffallend ist auch die Tatsache, daß bei Menschen, die eine zunächst erfolgreiche Krebsoperation oder Krebsbestrahlung durchgemacht haben, nach Jahren Krebse anderer Organe und von ganz anderem histologischen Aufbau sich einstellen. Solche Beobachtungen macht jeder mit der Problematik vertraute Arzt. Ein Krebsausbruch ist beseitigt, es dauert Monate, es dauert Jahre, selten Jahrzehnte, und an irgendeiner Stelle des Körpers tritt wieder Krebs auf. Ich sage, jeder praktische Arzt sieht es, nur der Wissenschaftler, der auf ein Dogma schwört, hier auf die VIRCHOWsche Lehre von der örtlichen Natur des Krebses, geht an diesen Krankengeschichten vorüber". HUBER (Kiel) berichtete 1953 auf der Tagung des DEUTSCHEN ZENTRALAUSSCHUSSES FÜR KREBSBEKÄMPFUNG UND KREBSFORSCHUNG, daß unter 4.589 Patientinnen mit Genitalkarzinomen während einer Beobachtungszeit von 30 Jahren 220 = 5% eine zwei- bis mehrfache Geschwulstbildung (nicht Metastasierung) aufgewiesen haben. Dabei überwog die intragenital verlaufende Tumormultiplizität mit 145 Fällen = 67%. Bevorzugt waren die Karzinome des Corpus uteri, der Ovarien und der Tuben. Ähnliches ereignete sich beim Mammakarzinom, das relativ häufig mit einem Genitalkarzinom koinzidierte, während dies bei Malignomen des Magens und der übrigen Verdauungsorgane selten der Fall war. TRÜB [38,39] stellte unter 14.236 Nachkurpatienten 1,3% Träger sekundärer Tumore fest. Unter den Patientinnen mit Genitalkrebs waren es 1,2%. HAGEMANN [10] fand bei 285 obduzierten Karzinomträgern 140 = 4,3% Doppelmalignome und 7 = 0,52% Dreifachmalignome. Eine Studie von LEONHARDT und VON BEAUFORT [22], Nachsorgeklinik in Bad Trissl, ergab bei 836 Mammakarzinom-Patientinnen während ihrer Kur 50 = 5,89% Zweittumore, wobei allerdings nur solche im Genitalbereich berücksichtigt wurden. Abschließend stellen die Untersucher fest: "Bei Patientinnen mit einem Mammakarzinom besteht ein signifikant erhöhtes Risiko, an einem Zweittumor zu erkranken". KARRER [16] kommt ebenfalls zu der Erkenntnis, "daß ein Krebskranker, wenn er ein erstes Karzinom überstanden hat, ein Risikopatient für die Entstehung eines zweiten, neuen Karzinoms ist. Man muß aus den bisherigen Unterlagen schließen, daß die Häufigkeit von Zweitkarzinomen bei seinerzeit Krebskranken, die geheilt wurden, signifikant größer ist als die der Allgemeinbevölkerung. Daraus geht hervor, daß ein einmal an Krebs erkrankt gewesener Patient mit größerer Intensität und häufigerer Frequenz auf das Aufreten eines Zweitkarzinoms kontrolliert werden sollte". Wiederholt berichtet wurde über die gesteigerte Inzidenz von Zweitmalignomen bei Erwachsenen, die als Kinder durch Intensivtherapie von einer Leukämie befreit wurden. Die Häufigkeit solcher Spättumore wird mit etwa 6% angegeben. Die Prognose dieser Fälle scheint auch bei Früherkennung ungünstiger zu sein als bei gleichartigen Primärtumoren. Eingehend befaßt hat sich mit diesem Thema GUTJAHR von der Universitäts-Kinderklinik Mainz. Für die große Überraschung sorgte 1987 BELLER, Leiter der Universitätsklinik in Münster [3], der die bilaterale eingeschränkte subkutane Mastektomie unter Erhaltung der Mamillen und plastischem „Eigenaufbau“ bei allen Frauen mit zunächst einseitigem Mamma-Ca befürwortete. Seiner Erfahrung nach tragen diese Patientinnen in bereits manifeste Klein- oder Kleinstkarzinome, in weiteren 30 - 40% histologische Veränderungen in der scheinbar gesunden Brust, die man als Vorstufen späterer Malignome anseilen muß. Bei diesem Vorgehen, mit dem sich 95% der Patientinnen einverstanden erklären, werden auch kosmetische Gründe ins Treffen geführt. Die innerhalb der 5 postoperativen Jahre zu erwartenden lokoregionalen Rezidive werden mit 3,5% angegeben. Kurz nach der BELLERschen Mitteilung wurde das doppelseitige Verfahren von OLBRISCH, Diakoniekrankenhaus in Düsseldorf, bestätigt [28]. Über diesen operativen Radikalismus wird an dieser Stelle nicht etwa aus Gründen der Billigung berichtet - es fehlte in der Folge auch nicht an skeptischen bis wütenden Stellungnahmen der Fachkollegen sondern weil hier einmal mehr der Kurzschluß operativen Denkens über die Notwendigkeit ganzheitsmedizinischer Überlegung triumphiert. Keiner dieser Mastektomiefanatiker ist den dem Phänomen des Zweittumors zugrundeliegenden Voraussetzungen nachgegangen und hat entsprechende therapeutische Konsequenzen daraus gezogen. Der chirurgischen Mentalität liegt die Entscheidung zur beiderseitigen Operation freilich näher als die Überlegung in Richtung gewebsreparativer Ganzheitstherapie. Vergleicht man überdies die hier mit rund 20% angegebene Bilateralität des Mamma-Cas mit der von früheren Beobachtern wesentlich niedrigeren Inzidenz, so wird hier -uneingestanden- eine erhebliche Dunkelziffer nicht erkannter Karzinome und Präkanzerosen der kontralateralen Brust zugegeben, die nach der Entfernung des Primärtumors zur Rückbildung kommen. Abgesehen von der Tatsache der Zweit- und Mehrfachtumore zeigt sich die Morbidität und Immunschwäche des Krebs-Rekonvaleszenten in der Häufigkeit anderweitiger, nichtmaligner Sekundärerkrankungen. TRÜB [38,39] gibt die Zahl dieser Komplikationen, beobachtet am Krankengut der Nachkurheime, mit 45,8% an, LEONHARDT [21] 442 Patientinnen nach Abschluß der klinischen Behandlung eines Collum-Ca mit 47,7%, wobei hier die Harnweginfekte und -beschwerden besonders häufig waren (Bestrahlungsfolge?). Wie in 5.0. dargelegt, fanden sich bereits ab Mitte des Jahrunderts die Befürworter einer besser organisierten und systematischer durchgeführten Nachsorgebehandlung zusammen. 1951 wurde unter Führung von FLASKAMP in der Abteilung für Gesundheit des damaligen Sozialministeriums in Düsseldorf die GESELLSCHAFT ZUR BEKÄMPFUNG DER KREBSKRANKHEIEN NORDRHEIN-WESTFALEN (GBK) gegründet. Sie stellte sich zur Aufgabe die Aktivierung der Laienaufklärung, der Prophylaxe und der Früherkennung, vor allem jedoch die praktische Durchführung der nachsorgenden Behandlung der aus klinischer Obhut entlassenen Krebspatienten in Zusammenarbeit mit den Kostenträgern. 1954 folgte auf Initiative von MARTIUS die Gründung der ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR KREBSBEKÄMPFUNG DER TRÄGER DER GESETZLICHEN KRANKEN- UND RENTENVERSICHERUNG IM LANDE NORDRHEIN-WESTFALEN, früher ARGE jetzt AfK mit Sitz in Bochum. Ihr gehören bisher 17 Versicherungsträger und Krankenkassen an. Es entstanden nach und nach über 20 "Außenstationen", technisch und personell entsprechend ausgestattete, an klimatisch bevorzugten Stellen liegende, ärztlich geleitete Sanatorien in allen Gegenden der Bundesrepublik von Wyk auf Föhr bis Bad Reichenhall, die z.T. schon 1956 ihre Arbeit aufnahmen. Die Durchführung des beabsichtigten Nachsorgeprogramms erfordert eine gute diagnostisch-therapeutische Einrichtung der betreffenden Häuser. Insbesondere war eine psychosomatische Betreuung der Kurpatienten vorgesehen. Die während einer solchen nachsorgenden Behandlung üblichen Maßnahmen sind in allen der ARGE angeschlossenen Häusern ziemlich einheitlich. Sie umfassen - dem Einzelfall nach bestehenden Möglichkeiten angepaßten - eine vorwiegend kalorienreiche bürgerliche (!) Kost, Freiluft- und Bewegungstherapie, Atemgymnastik, Kneippsche Hydrotherapie, Vitamine, eiweißaufbauende, das Mesenchym anregende Medikamente, Leberschutzpräparate, bei Bedarf Bluttransfusionen, allenfalls auch indizierte oder sequenzielle Chemo- oder Hormontherapie. Zur Erfüllung individueller Wünsche bleibt wenig Spielraum. Anwendungen aus dem Programm der Ganzheitstherapie sind nur ganz ausnahmsweise anzutreffen. MERTEN und RUPPRECHT [26] schreiben dazu: "Als Nachkuren im Anschluß an Operation oder Strahlenbehandlung einer Krebsgeschwulst genügen die Maßnahmen vom Typ der üblichen Erholungskuren nicht. Sie müsen vielmehr die Voraussetzung für eine planmäßige Nachbehandlung unter ärztlicher Leitung erfüllen. Man nennt sie deshalb ,Sicherungskuren'. Sie sollten nach einem bestimmten Zeitablauf wiederholt werden, um den Kurerfolg zu sichern. Für die Sicherungskuren kommen nur erfolgreich (chirurgisch oder radiologisch) behandelte Patienten in Frage. Erfolg bedeutet hierbei auch schon Stillstand der Krebserkrankung. Grundsätzlich sollen nur kur- und reisefähige Patienten zur Nachkur verschickt werden. Pflegebedürftige und bettlägerige Patienten sind hierzu keinesfalls geeignet. Für den Nachkurerfolg ist der Zustand des Gebisses und die vorherige Sanierung evtl. vorhandener fokaler Erkrankungen (Z.B. der Mandeln, der Nebenhöhlen usw.) von Bedeutung (!). Die Kurdauer richtet sich nach dem einzelnen Krankheitsfall. Sie beträgt in der Regel vier bis sechs Wochen". Als neuer Gesichtspunkt erscheint hier der Hinweis auf die Wichtigkeit der Entherdung bzw. Sanierung als Vorbedingung einer wirksamen Nachbehandlung (16.0., 16.1.). Da die engen Zusammenhänge des Herdgeschehens gerade mit den Geschwulsterkrankungen jedoch noch immer nicht in das Bewußtsein aller Onkologen eingedrungen sind, andererseits auch nur die wenigsten Zahnärzte über die subtilen Untersuchungsmethoden verfügen, um exakte Pokaldiagnostik zu betreiben, findet sich diese an sich fortschrittliche Forderung vorerst nur in den seltensten Fällen erfüllt. Die Beurteilung des generellen Erfolges einer wie iminer gearteten Nachsorgebehandlung ist deshalb schwierig, weil ein Vergleich nachbehandelter und nicht nachbehandelter Patienten in größerer Zahl vorerst noch nicht möglich war. Eine solche vergleichende Beurteilung setzt eine Registrierung gleichartiger Geschwulstverläufe voraus. Hierzu äußern sich TRÜB und HUMPERDINCK [39] folgendermassen: "Eine mathematisch gesicherte, statistisch verwertbare Nachkur-Erfolgs-Beurteilung ist nur möglich auf der Basis eines allgemeinen Krebsregisters. Dieses wiederum hat die Meldepflicht jedes Erkrankungefalles zur Voraussetzung. Erst dann wäre die Grundlage für eine medizinische Dokumentation und erfolgsstatistische Auswertung der gesamten ambulanten und stationären nachsorgenden Maßnahmen gegeben". An anderer Stelle lesen wir bei den gleichen Autoren: "Die Quote der überlebenden Nachkurpatientinnen mit Unterleibs- oder Brustdrüsenkrebs wächst mit der Zahl der Nachkuren unter Rückgang der Sterbequote“. KIRCHHOFF [17] bezeichnet an Hand einer Gegenüberstellung von 294 nachbehandelten und 484 nicht nachbehandelten Frauen mit Gebärmutterhalskrebs Nachkuren generell als "Weg der Verbesserung der Heilungsergebnisse“. Bei 14.233 Nachkurpatienten beiderlei Geschlechts der ARGE wurde laut sanatoriumsärztlichem Urteil in 70,3% hinsichtlich des Allgemeinbefindens eine Besserung erzielt, 19,9% blieben unbeeinflußt, bei 2,2% verschlechterte sich der Zustand, bei 11% schritt das Krebsgeschehen weiter. Jede 3. Kur war demnach ergebnislos. Am augenfälligsten und beweiskräftigsten bieten sich die Erfolge der Nachbehandlung in dem Land an, das als erste und bisher einzige Stelle der Bundesrepublik sowohl über ein Krebs-Melderegister als auch über eine seit 1954 tätige Rehabilitations- und Nachsorge-Organisation verfügt. Erhoffte DICK [5] 1958 noch Bruchteile von Prozenten der Erfolge als Argument für den Wert der Nachbehandlung ins Treffen, so lesen wir 1970 bei HEYDE [13] über die in der Tumorbehandlungsabteilung des Landes Hamburg erzielten Ergebnisse: "Infolge dieser intensiven Nachsorge war es möglich, a) die Heilungsziffer um 7% zu verbessern, wie die statistische Auswertung von 5.557 Kranken mit dreifacher Signifikanz ergab, b) bei anderen Kranken eine Verlängerung der geschwulstfreien Zeit um durchschnittlich ein Jahr zu erreichen, und c) eine größere Zahl von Kranken vor einer ständigen Erwerbsunfähigkeit zu bewahren". Die in diesem Bereich allein durch Nachkuren erreichte Besserung der Sterbequote sei ihrer Wichtigkeit wegen hier graphisch dargestellt (Abb.). |
Dem Beispiel von Nordrhein-Westfalen und Hamburg folgte die
Landesärztekammer von Bayern, indem sie gemeinsam mit der
ARBEITSGEMEINSCHAFT FÜR KREBSERKENNUNG UND KREBSBEKÄMPFUNG IN BAYERN
1968 die gynäkologisch-onkologische Klinik für Vor-, Weiter- und
Nachbehandlung in Bad Trissl-Oberaudorf und 1969 die Schloßbergklinik
in Oberstaufen als Zentren für diesen Zweck eröffnete. Im Februar 1967
wurde vom Sozialministerium der Regierung Niedersachsen ein
Erweiterungsbau des Nachbehandlungs-Krankenhauses für Geschwulstkranke
„Deisterhorst“ in Bad Münder eröffnet.
Krebs-Melderegister bestehen außer in Hamburg noch im Saarland, in Süd-Württemberg, in der DDR, in Österreich, England, Schweden, Norwegen und in der Sowjetunion. Es liegen aus diesen Ländern jedoch keine Unterlagen über vergleichbare Einrichtungen organisierter Nachbehandlung Krebskranker bzw. statistische Auswertungen solcher vor. So gut der Gedanke der kurmäßigen Nachbehandlung Krebskranker auch sein mag ,er läßt - genau wie die gesamte vorausgehende Therapie - eine Reihe von Wünschen offen. Zunächst hätte diese Institution viel früher organisiert werden müssen, nachdem schon Jahrzehnte vorher die sogenannten Anschlußbehandlungen bei rheumatisch-arthritischen Leiden sowie bei Herz- und Kreislauferkrankungen nach Beendigung der klinischen Phase zur Selbstverständlichkeit geworden waren. Außerdem liegt die Leitung dieser Nachkurheime ausnahmslos in Händen streng linientreuer Ärzte, was eine Wegweisung und Behandlung der Patienten im Sinne ganzheitlicher Gesundheit verunmöglicht. Damit zusammenhängend, fehlen im Nachbehandlungs-Programm hinsichtlich Therapie und Ernährung allzuviele Bestandteile, die heute für das Zustandekommen optimaler Sicherheit vor Rezidiv und Metastase als entscheidend gelten dürfen. Spätestens in dieser Phase der Therapie müßte den Krebsgefährdeten all das an gezielten immunkompetenten und genreparativen Maßnahmen angeboten werden, was im bisherigen Verlauf der Erkrankung versäumt wurde. Lassen jedoch die kurmäßigen Nachbehandlungen schon in ihrer unvollkommenen Form günstigere Krankheitsverläufe erkennen, so darf dies 1. als Beweis dafür gelten, daß das individuelle Befinden der Patienten entscheidender ist für den schicksalhaften Verlauf ihrer Erkrankung als der Befund, 2. sind wir zu der Behauptung berechtigt, um wieviel die Heilungsquoten erst zu steigern wären, wenn in der Nachkurphase das volle Programm der Ganzheitsmedizin zur Anwendung käme. Abgesehen von der Tatsache der Zweit- und Mehrfachtumore zeigt sich die Morbidität und Immunschwäche des Krebs-Rekonvaleszenten in der Häufigkeit anderweitiger, nichtmaligner Sekundärerkrankungen. TRÜB [38,39] gibt die Zahl dieser Komplikationen, beobachtet am Krankengut der Nachkurheime, mit 45,8% an, LEONHARDT [21] 442 Patientinnen nach Abschluß der klinischen Behandlung eines Collum-Ca mit 47,7%, wobei hier die Harnwegsinfekte und -beschwerden besonders häufig waren (Bestrahlungsfolge?). |
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