von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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II. | Allgemeiner und historischer Teil |
Bereits zu Lebzeiten VIRCHOWs gab es Ärzte und Forscher, die der
lokalistischen Lehre mißtrauten und in überlieferter Weise dem
Gesamtbefinden des Kranken, seiner Konstitution, seinem Stoffwechsel,
seiner Ernährung, seinem Blut und seinen Ausscheidungen mehr
Aufmerksamkeit schenkten als seinem Tumor und ihre therapeutischen
Bemühungen mit umstimmenden, auflösenden und ausleitenden Maßnahmen
möglichst individuell darauf einstellten.
1874 lautete das Thema eines Symposiums der Londoner Pathologischen Gesellschaft bemerkenswerterweise: „Ist der Krebs ein lokales Leiden oder ist er durch eine Diathese bedingt ?“ An die mittelalterliche Säftelehre anknüpfend, diskutierte man wieder lebhafter über "Blutentmischung", "Blutgifte“, "Dyskrasie“, "Krebsmiasmen" usw. Die schon damals auftauchende Erregertheorie erhielt durch die stürmische Entwicklung der Bakteriologie, der Infektions- und Immunitätsforschung des ausgehenden 19. Jahrhunderts mächtigen Auftrieb. Gleichzeitig setzte jedoch schon damals der Physiologe CLAUDE BERNARD (1813 - 1878), ein Zeitgenosse von LOUIS PASTEUR (1822 - 1895), den auf die neue Laboratoriumsmedizin gesetzten Hoffnungen Grenzen mit den berühmt gewordenen, auch auf die Onkologie anwendbaren Worten "Le microbe n’est rien, le terrain c’est tout“. Einer der letzten großen Humoraltherapeuten und Ganzheitsdenker war HAHNEMANN (1755 - 1843), genialer Schöpfer der Homöopathie. Diese Lehre (22.0.) sieht in der Krankheit eine individuelle „Verstimmung" des Menschen in seiner leib-seelischen Gesamtheit und heilt sie - cito, tuto et jucunde - durch das eine und einzige Mittel, das in seiner Prüfung am Gesunden ein dem vorliegenden Krankheitsbild möglichst ähnliches (simile - simillimum) Arzneimittelbild hervorruft. Homöopathie ist deshalb exemplarische Erfahrungs- und Ganzheitstherapie. Meister dieser wahren ärztlichen Kunst bedienten sich ihrer nicht selten erfolgreich auch bei Geschwulsterkrankungen. Der in Tübingen mit großem Zulauf tätig gewesene homöopathische Arzt SCHLEGEL (1852 - 1934) veröffentlichte 1926 das aus 40-jähriger Erfahrung geschriebene Buch "Die Krebskrankheit“ [21]. Darin werden zahlreiche, teils selbst erlebte, teils aus fremden Quellen zitierte, auf rein homöopathischem Weg erzielte Heilungen diagnostisch gesicherter Geschwulsterkrankungen beschrieben. Die SCHLEGELsche Monographie ist ein früher und wertvoller Beitrag zur ganzheitlichen Auffassung des Krebsgeschehens. Es enthält folgende bemerkenswerte Worte: "Das größte Hindernis bei der Krebsheilung ist die Hoffnungslösigkeit, der Glaube an die Unheilbarkeit des Leidens". Mit dieser Auffassung hat SCHLEGEL einen wesentlichen Punkt der modernen Psycho-Onkologie vorweggenommen (10.1., 10.2.). Der prominente Chirurg THIERSCH (1822 - 1893) stand dem VIRCHOWschen Dogma der Lokalpathologie skeptisch gegenüber und hatte den Mut, vor seinen Fachkollegen zu bekennen "Solange wir glauben, das Carcinom allein mit dem Messer bekämpfen zu können, werden wir unterliegen". Um die gleiche Zeit vertrat der Wiener Kliniker VON ROKITANSKY (1804 - 1878) als einer der letzten Hochschullehrer die alte Humoraltherapie und war einer der schärfsten Gegner der VIRCHOWschen Lehre. Er setzte dieser die bis dahin bewährte "Krasenlehre“ entgegen und forderte, die Selbstheilungstendenz des Körpers auch in Fällen schwerer Erkrankungen ungestört walten zu lassen. LAHMAINN (1860 - 1905), Gründer und langjähriger Leiter des Sanatoriums "Weißer Hirsch" in Dresden, sah die Ursache des Krebses in krankhaften Blutveränderungen und empfahl seinen Zeitgenossen als Basisbehandlung eiweißarme vegetarische Ernährung, natürliche Bekleidung, sonnige, trockene Wohnung, Luft- und Sonnenbäder, dies auch im Sinne der Vorbeugung solcher Erkrankungen. Er riet zwar, die Geschwulst, soweit man sie damals für operabel hielt, chirurgisch entfernen zu lassen, führte aber anschließend die umstimmende Behandlung mit den einfachen Methoden seines Sanatoriums durch. Wenige Jahrzehnte später erhielt SCHWENINGER (1850 -1924), der Leibarzt BISMARCKs, den ersten Lehrstuhl für Naturheilkunde in Berlin. Er vertrat - 1914 - ebenfalls die Überzeugung, daß Krebs keine örtliche Erkrankung sei, die man einfach durch das Wegschneiden der Geschwulst heilen könne, mit folgenden Worten: "Wir (sc. die Ärzte des von ihm geleiteten Groß-Lichterfelder Krankenhauses) glauben, daß wir manchem Patienten einen größeren Dienst erweisen, indem wir ihm einen schweren und oft lebensgefährlichen Eingriff ersparen, der in keinem Falle imstande ist, sein Leben auch nur um eine Stunde zu verlängern, falls er tatsächlich gelingt, der aber in jedem Falle nicht nur durch das nachfolgende Rezidiv und dessen kompliziertere Beschwerden, sondern schon an und für sich den Patienten gefährdet. Ob diesen unseren Standpunkt andere teilen oder verwerfen, kann unserer wohlbegründeten, bis heute noch nicht widerlegten und deshalb gleichberechtigten Anschauung nicht im geringsten Abbruch tun, und daran ändern auch noch so kunstvolle Statistiken nicht das mindeste“ (24). SCHWENINGER entschied sich von Fall zu Fall, aber nicht grundsätzlich für eine Operation. Er wies schon damals darauf hin, daß das Schicksal mancher nicht operierter Patienten günstiger verlaufe als das vergleichbarer operierter Leidensgefährten. Obwohl man immer radikaler und frühzeitiger operierte, habe die hochgepriesene Operation die Gesamtsterblichkeit an Krebs nicht im geringsten zu beeinflussen vermocht. SCHWENINGER gebrauchte gern das Gleichnis, daß der Krebskranke in der örtlichen Geschwulst eine Art Abladestelle für böse Stoffe habe. Entferne man diese chirurgisch, dann sei es nur begreiflich, daß der Patient umso schlimmer leide, wenn sich ein Rückfall oder eine Streuung einstelle, an der er dann unrettbar zugrundegehe. Trotz sicherer Diagnose gebe es eben einen gutartigen und bösartigen Verlauf bei Krebs, den man nie voraussagen könne. Zahlreiche Krebskranke befänden sich viele Jahre im Zustand leidlichen Wohlergehens ohne aggressive Therapie. SCHWENINGER gibt dafür Beispiele aus seiner Praxis an, u.a. den Fall einer Frau mit fortgeschrittenem Brustkrebs und mehrfachen Achseldrüsenmetastasen, die ihn, mit einfachen Naturheilanwendungen behandelt, in der Folge um ein Jahrzehnt bei gutem Allgemeinbefinden überlebte. Sie starb aus anderweitigem Grund, jedoch nicht an ihrem Krebs, der zu diesem Zeitpunkt 35 Jahre ohne weitere Wachstumstendenz bestanden hatte. BIRCHER-BENNER (1867 - 1939), der große ärztliche Reformator, berichtete 1900 erstmals vor Ärzten über seine damals bereits jahrelangen Erfahrungen mit laktovegetabiler Krankenkost, besonders in ihrer rohen und natürlichen, nicht durch Hitze veränderten Form. Noch vor der Entdeckung der meisten Vitamine sprach BIRCHER-BENNER von der in solcher Kost enthaltenen "Sonnen-Energie". Damit rüttelte er an eingewurzelten Gepflogenheiten der bürgerlichen Küche, aber auch an den medizinischen Lehrmeinungen, etwa an der Überbewertung der Kalorien, des Eiweißanteils besonders als Fleisch, der wertmindernden Verarbeitungs- und Zubereitungsformen. BIRCHER-BENNER schuf die Begriffe der "Ordnungs- und Ganzheitstherapie“, die eine Überwindung falscher Vorstellungs- und Verhaltensweisen im gesamten Lebensbereich, nicht nur hinsichtlich der Ernährung, forderte. Selbstverständlich schüttelte man den Kopf über solche abwegige Vorschläge. Aber in seinem Züricher Sanatorium erzielte BIRCHER-BENNER aufsehenerregende Erfolge, auch bei therapieresistenten Leiden. Er schuf die Lehre einer gesünderen, glücklicheren, krankheitsverhütenden Lebensführunz, die insbesondere auch vor der Entstehung und der Unheilbarkeit bösartiger Erkrankungen schützt und deren Heilung fördert. BIRCHER-BENNER legte seine Erkenntnisse und Erfahrungen in einer Reihe von Büchern nieder, von denen hier nur die wichtigsten Titel genannt werden (4,5,6,7). Nach BIRCHER kamen und gingen viele Epigonen mit anderslautenden Ernährungsempfehlungen und Heilkostformen. Keine derselben bewährte sich in gesundheitlicher, ökonomischer und ökologischer Beziehung auf Dauer, wenn sie wesentlich von den Grundsätzen BIRCHER-BENNERs abwich. Für viele seiner Schüler (HEUPKE, KOLLATH, WINDSTOSSER, ZABEL u.a.) wurde die Originallehre zur Basis ihrer Therapie, auch bei Geschwulsterkrankungen. Als echte Nachfolge und Vertiefung BIRCHERscher Erkenntnis und Empirie darf das von SCHNITZER erarbeitete und propagierte System gelten, das in 17.0. seine Erwähnung findet. Ein wichtiges Ereignis für die Weiterentwicklung der Heilkunde auf der Basis undogmatischer, umfassender Naturbetrachtung war das Wirken von RUDOLF STEINER (1861 - 1925), dem Begründer der anthroposophischen Lebenslehre und Biologie. Diese zeichnet das Bild des Menschen als Ganzheit und Einheit seiner seelisch-geistig-leiblichen Wesenheiten, integrierter Bestandteil der irdischen und kosmischen Welt (23.0.,23.1.). Mit den medizinischen Nutzanwendungen seiner aus geistiger Schau - und nicht etwa auf experimentellem Weg - gewonnenen Erkenntnissen trat STEINER 1920 erstmals vor Ärzte und Medizinstudenten, die sich ratsuchend an ihn gewandt hatten. Es entwickelte sich rasch eine auf anthroposophischen Überlegungen aufgebaute Heilkunde, deren Arzneimittel den drei Naturreichen entstammen und nach bestimmten, an homöopathische und spagyrische Pharmazeutik erinnernden, z.T. aber auch neu konzipierten Verfahren aufgeschlossen und zubereitet werden. Auch hierbei werden grundsätzlich naturgegebene Zusammenhänge und ganzheitliche Wirkungen berücksichtigt. Wie bei HAHNEMANN, BIRCHER-BENNER und anderen frühen Naturheilern steht auch in der anthroposophisch orientierten Heilkunde der kranke Mensch und nicht das kranke Organ im Mittelpunkt des Handelns. Dies galt für STEINER insbesondere bei der Behandlung therapieresistenter Leiden. Außer vielen anderen neuen Präparaten und deren Indiaktionen offenbarte sich STEINER die Mistel als das typische Schutz- und Heilmittel Krebsgefährdeter und Krebskranker (23.3.). Nach jahrzehntelanger erbitterter Diskriminierung mußte erst in jüngster Vergangenheit dieses Phytotherapeutikum auch von der Lehrmedizin widerstrebend als wirksam anerkannt werden. Um die Mitte der zwanziger Jahre äußerte sich SAUERBRUCH (19,20), damals Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in München, wie folgt: "Alles spricht dafür, daß der Krebs kein örtliches, sondern ein konstitutionelles Leiden ist, Ausdruck einer Allgemeinerkrankung, einer schweren Säfteentmischung (sic!). Jahre- und jahzehntelange Veränderungen im Körper gehen dem Auftreten der Geschwulst voraus. Der örtliche Krebs ist nur das letzte Glied einer langen Entwicklung, entstehend an irgendeinem schwachen oder geschwächten Punkt. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, die bösartigen Geschwülste nicht nur als örtliche Prozesse, sondern als Gesamterkrankung mit medizinischen Methoden zu behandeln." LEBSCHE, ein enger Mitarbeiter SAUERBRUCHs an der gleichen Klinik, artikulierte sich gleichsinnig: "Unsere gesamte Auffassung von Karzinomen nähert sich wieder der alten humoralpathologischen Auffassung, nach der das Karzinom eine Allgemeinverkettung mit lokalen Veränderungen ist. Die VIRCHOWsche Meinung, daß die Allgemeinerscheinungen nur sekundäre Folgen des Tumors sein sollen, darf heute mit Recht bezweifelt werden" (12). Es ist ungemein bedauerlich, daß sogar die Stimmen so prominenter Chirurgen damals ungehört und ohne jede Einflußnahme auf die klassische Onkologie verhallten. Aber die Zeit - und nicht nur die Bemühung der "Außenseiter" - arbeitete für die Erkenntnis des ganzheitlichen, "holistischen“ Krebsgeschehens und gegen die lokalistische Einseitigkeit. 1925 reiften die Forschungsergebnisse des Nobelpreisträgers WARBURG (1883 - 1970) über den krebsspezifischen Umschlag der Zellatmung zur anaeroben, milchsäurebildenden Glykolyse. Als deren Ursache fand SEEGER wenig später eine Schädigung der Sauerstoffkatalysatoren Cytochrom und Cytochromoxidase in der Zellmembran und in den Mitochondrien. Dieser Forscher konnte auch die potentielle Rückverwandlung von Tumorzellen in Normalzellen nachweisen, wenn es gelingt, deren Sauerstoffatmung auf enzymatischem Weg wiederherzustellen. Hierher zählt ferner der von CRABTREE und Mitarbeitern 1929 geführte Nachweis der Beschleunigung malignen Wachstums durch zellgärungsfördernden Blutzuckeranstieg (21.0.), außerdem die Arbeiten von OPITZ, VORLAENDER und JUNG, die sich mit der therapeutischen Auswertung der WARBURGschen Erkenntnisse befaßt haben, sowie die Untersuchungen von KUHLMEY, die eine allen Blutzellen eigene, somit nicht nur auf die Karzinomzellen beschränkte Milchsäuregärung bei Krebskranken und Krebsgefährdeten nebst der Möglichkeit deren therapeutischer Beeinflussung ergeben haben (21.0.). Es folgten weitere für die ganzheitsmedizinische Tumortherapie bedeutsame Daten in den zwanziger und dreissiger Jahren. 1927 begann NIEHANS mit seinen Organzell-Implantationen zur Anregung körpereigener Regenerationsvorgänge. Er legte damit den Grundstein zu einer neuen, von vielen Therapeuten begeistert aufgenommenen und weiterentwickelten Behandlungsmethode, die sich in der Folge auch bei malignen Erkrankungen als immunologisch und reparativ wirksam erweisen sollte (14.1.,.14.2.). LUCKE (15), Dermatologe an der Universitätsklinik Berlin, schrieb 1928 (zitiert bei SCHLEGEL): "Der Tumor ist das äußere Zeichen der Krebskrankheit. Durch seine Beseitigung ist die Krankheit nicht zu heilen. Die Krebskrankheit ist eine Stoffwechselkrankheit, die durch unnatürliche Lebensweise der Kulturvölker bedingt ist. Sehr verschiedene auslösende Ursachen können die äußere Veranlassung zum Beginn des Dramas werden. Keine dieser Schädigungen (Parasiten, Trauma, chemische Einwirkung usw.) reicht an sich aus, Krebs zu erzeugen. Dieser ist auch nicht übertragbar oder ansteckend, wenn nicht vorher eine Neigung dazu besteht. Der Kampf richtet sich also gegen die Krebskrankheit und erst in zweiter Linie gegen ihre lokale Ausdrucksform, den Tumor. Das Handeln des Arztes muß das Bestreben haben, den pathologischen Wachstumsvorgängen den Boden zu entziehen, und zwar indem durch die Wiederherstellung des Gleichgewichtes im Inneren die Gesundheit erzielt wird." Diese Erkenntnis, einfach formuliert und vor 6 Jahrzehnten ausgesprochen, könnte stellvertretend für alle noch folgenden Eingeständnisse nachdenklich gewordener Schulmediziner stehen. Ebenfalls 1928 erschien das aufsehenerregende Buch des Wiener Klinikers ASCHNER "Die Krise der Medizin. Konstitutionstherapie als Ausweg“ [1,2,3]. Der Verfasser ruft darin zu einer "grundlegenden Umgestaltung unserer gesamten medizinischen Anschauungsweise im Sinne einer Abkehr von der übertriebenen Solidar- und Lokalpathologie“ auf. In einem eigenen Kapitel über "Antidyskrasische Behandlung bei Karzinom“ heißt es: "Als Hauptregel bei der Behandlung eines Krebskranken wird zu gelten haben, daß man nicht bloß die Geschwulst lokal betrachtet und behandelt, sondern im ganzen Organismus nach vorhandenen Fehlern und Störungen sucht und diese zu behandeln trachtet." - "So einfach, wie die Zellularpathologie sich die Entstehung des Karzinoms vorgestellt hat, nämlich Entartung der Zellen durch embryonale Anlagen oder von außen eingedrungene Krebsparasiten, liegen die Dinge keineswegs. Wie auf allen anderen Gebieten der Krankheitslehre wird auch hier wieder die erneute Berücksichtigung des Säftehaushaltes aus der Sackgasse, in der wir uns jetzt befinden, herausführen, unsere operativen und konservativen Heilungsresultate verbessern und die offenkundigen Widersprüche zwischen unserer heutigen offiziellen Anschauung und der humoralpathologischen Richtung aufzuklären haben." - Nach der Aufzählung vieler systemisch wirkender Behandlunsmethoden schließt der betreffende Absatz mit den Worten: "Stellt man sich auf den Standpunkt der Säftelehre, dann ist die Zahl der Beeinflussungsmöglichkeiten des Karzinoms auch außerhalb der operativen und Strahlenbehandlung außerordentlich groß. Es ist nicht von Vorteil, wenn die experimentelle Medizin ihren gesonderten Weg geht und über die Heilungsberichte der exotischen Medizin und der Volksheilkunde einfach hinwegsieht. Erst die Zusammenfassung aller Richtungen wird zu einer grundlegenden Revision in der Krebsfrage und - wie ich aus eigenen Erfahrungen gesehen habe - auch zu einer Verbesserung der konservativen und operativen Erfolge führen." Der Danziger Chirurg LIEK (1879 - 1935) trat 1932 mit dem Buch "Krebsverbreitung, Krebsbekämpfung, Krebsverhütung“ an die Öffentlichkeit, dem er 1934 eine Antwort an seine Kritiker mit dem Titel "Der Kampf gegen den Krebs" folgen ließ [13,14]. Gestützt auf jahrzehntelange Erfahrung am Krankenbett vollzog sich in LIEK ein Gesinnungswandel. Er schrieb: "Alles spricht dafür, daß der Krebs kein örtliches, sondern ein konstitutionelles Leiden ist. Jahre- und jahrzehntelange Veränderungen gehen voraus. Der örtliche Krebs ist schließlich nur das letzte Glied einer langen Entwicklung" (wörtliche Ausdrucksweise wie SAUERBRUCH! Siehe oben). Der gleiche Autor an anderer Stelle: "Da wir den Krebs als konstitutionelles Leiden erkannt haben, muß der Arzt gerade beim Krebs den ganzen Menschen behandeln". Es ist dies die gleiche Forderung, die von der "Außenseitermedizin" noch heute, 50 Jahre später, immer wieder und vorwiegend vergeblich erhoben wird. BRAUCHLE, damaliger Inhaber des Lehrstuhls für Naturheilkunde in Berlin, schrieb 1933 in seinem „Handbuch der Naturheilkunde“ (81): "Der Krebs wird zwar als örtliche Gewebswucherung zuerst bemerkbar, diese ist aber nur sichtbarer Ausdruck einer seit längerer Zeit bestehenden Störung des gesamten Stoffwechsels, die Folge einer Zurückhaltung von Stoffwechselschlacken in den Geweben, einer Überschwemmung des Organismus mit Darmgiften und anderen Schädlichkeiten. Der Krebs ist also niemals ein örtliches, sondern immer ein allgemeines Leiden. Örtliche Entfernung einer Krebsgeschwulst bedeutet deshalb in keinem Fall Behebung der allgemeinen Krebsbereitschaft. Beschränkt sich der Arzt auf die operative Herausnahme einer Krebsgeschwulst, versäumt aber die Umstellung des Stoffwechsels durch völlige Änderung der Lebensweise, so hat er seine Aufgabe nur zur Hälfte gelöst. Eine Bereitschaft des Körpers, an der Operationsstelle oder an anderen Orten neue Krebse zu bilden, bleibt weiterhin bestehen“. 1952 berichtete die dänische Ärztin KIRSTINE NOLFI in einer kleinen Broschüre [17] über ihren eigenen exempletrischen Krankheitsverlauf. Sie brachte einen histologisch nachgewiesenen Brustkrebs operationslos allein durch eine über Jahre beibehaltene streng vegetabile, rohkostreiche Ernährung (16.0. bis 16.2.) zum Verschwinden. Ein kurzer Versuch, zur bürgerlichen Ernährung zurückzukehren, löste alsbald ein Rezidiv des Tumors aus. Dieses bildete sich unter erneut und fortan konsequent durchgeführter Roh- und Vollwertkost endgültig zurück. Frau NOLFI starb 1957 im Alter von 76 Jahren, bis in ihre letzten Tage als Kinderärztin und als Lebensberaterin in stets freundlicher Weise tätig. Ihr Kurheim "Humlegarden" in Humlebaek (Dänemark) wird noch heute im Sinne seiner Gründerin von einem kompetenten Arzt geleitet. Ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung Ganzheitstherapie, bedeutsam auch für die Krebsheilkunde, war die von dem Schweizer Arzt WEHRLI entwickelte und 1957 bekanntgegebene „Hämatogene Oxydationstherapie“ (21.0., 21.1.). Sie wird heute - vorteilhafter - als "Photobiologische Eigenblutbehandlung“ bezeichnet. Infolge ihrer Effizienz bei vielen, z.T. auch therapieresistenten Krankheiten fand sie rasch viele Anhänger, wurde in der Folge bis heute vielfach verbessert und in der Anwendungsweise variiert. Prinzipiell handelt es sich dabei um die Re-Injektion oder Re-Infusion von mit Sauerstoff (oder Ozon) angereichertem und/oder durch UV-Bestrahlung "aktiviertem" Eigenblut in kleineren oder größeren Mengen. Es erfolgt dadurch eine Verbesserung der Sauerstoffversorgung und Zellatmung in dysoxibiotischen Gewebsbereichen und damit verbundener Abbau intermediär angehäufter saurer Stoffwechselprodukte. Als ISSELS und ZABEL in den frühen fünfziger Jahren ihre neue Auffassung des Krebsgeschehens bereits klar formuliert und an ihren Patienten praktiziert hatten, waren solche Gedankengänge den Onkologen weltweit so gut wie unbekannt. Da und dort dämmerte jedoch in den Gehirnen einzelner Krebstherapeuten die Unzufriedenheit mit den erzielten Erfolgen und das dumpfe Verlangen nach einem besseren Behandlungskonzept. Es war W. DICK [19], damals Leiter der Chirurgischen Universitätsklinik in Tübingen, der seine Gedanken so ausdrückte:“ Es läßt die Tatsache, daß der Operierte an einem Karzinom erkranken konnte, eine innere Bereitschaft zur Bildung eines malignen Tumors vermuten. Diese wird durch den chirurgischen Eingriff kaum beseitigt. Eine Nachsorge im Sinne einer Bekämpfung der Geschwulstdisposition ist daher angezeigt. Außerdem weiß jeder Chirurg, daß bei vielen Operationen, bei denen er meint, die Geschwulst gänzlich ausgeschnitten zu haben, doch Krebsreste zurückbleiben. Denn die Grenzen der Geschwulstausbreitung lassen sich bei der Operation leider nicht sicher erkennen. Deshalb ist die Bezeichnung ‚Radikaloperation' oft-irreführend". Der gleiche Autor schreibt an anderer Stelle: "Bei Krebsoperationen müssen wir manchmal erleben, daß einem Ausrottungsversuch mit dem Messer eine wilde Metastasierung folgt, so daß man sich des Eindruckes nicht erwehren kann, durch die Operation selbst Anlaß zu einer Streuung gegeben zu haben". Diese Aussage ist eine Vorwegnahme der KROKOWSKIschen Feststellungen (8.0). Unter Bezugnahme auf Spätrezidive und Spätmetastasen lesen wir bei DICK des weiteren: "Sie zeigen uns, daß der Betreffende trotz Operation Krebsträger geblieben ist". Ebenfalls bei DICK finden wir - gewissermaßen als Vorstufe der von den "alternativen" Tumortherapeuten heute geforderten Ganzheitsbehandlung - wiederholt Hinweise auf die Notwendigkeit allgemein stabilisierender Maßnahmen: "Die Nachsorge (oder nachgehende Fürsorge) für unsere Krebskranken nach Abschluß einer operativen Behandlung läßt noch viele Wünsche offen, obwohl diese Kranken einer solchen dringend bedürfen. Es will uns scheinen, als könnten durch eine gewissenhafte Nachsorge die leider noch recht unbefriedigenden Behandlungserfolge verbessert werden. Vielleicht könnte sogar der eine oder andere Patient vor dem traurigen Schicksal eines Krebsrückfalles bewahrt werden. Selbst wenn es uns nur gelänge, eine längerdauernde Beschwerde- und Rezidivfreiheit zu erreichen, so wäre auch das schon ein beachtlicher Gewinn". "Allerdings ist es häufig so, daß Ärzte und Chirurgen nach Abschluß der Wundheilung nach einer Krebsoperation mit dem Kranken nicht mehr viel anzufangen wissen. Manchmal ist das Interesse mit der Operation erloschen, und der Kranke wird sich selbst überlassen". An anderer Stelle:“ Wir wissen nie, ob unser operativer Eingriff auch wirklich alles Krebsgewebe eliminiert hat. Wir müssen daher in jedem Fall, auch wenn die Verhältnisse bei der Operation noch so günstig zu liegen scheinen, mit dem Zurückbleiben von Krebsgewebe rechnen und daher alle Operierten in unsere Nachsorge einschließen, weil wir keine Auswahl nach radikal zu operierenden treffen können. Bei den Kranken, die trotz Operation Krebsträger geblieben sind, haben die nachsorgenden Maßnahmen den Charakter einer zusätzlichen Krebstherapie, bei den durch den Eingriff von ihrem Krebs wirklich Befreiten hingegen den Charakter einer reinen Krebsprophylaxe.“ Abschließend bemerkt DICK: "Zweck meiner Ausführungen war, mich selbst und meine engeren Fachkollegen daran zu erinnern, daß mit der abgeschlossenen Krebsoperation die Behandlung noch lange nicht abgeschlossen ist, daß vielmehr eine Zusammenarbeit mit dem Strahlentherapeuten und dem praktischen Arzt erforderlich ist, um das Beste aus dem bisher Möglichen für unsere Kranken herauszuholen. Es wäre aber unrealistisch, wenn wir uns nun von einer intensiven postoperativen Betreuung unserer an Krebs operierten Patienten eine umwälzende Verbesserung der Behandlungserfolge versprechen würden; der Kampf geht heute nicht um Prozente, sondern um Bruchteile von Prozenten. Wenn es jedem von uns gelänge, in seinem langen Chirurgenleben auch nur einen Krebsrückfall zu verhüten oder bei einem anderen das eingetretene Rezidiv zu beseitigen, bei wenigen den Eintritt des Rezidivs hinauszuschieben, bei einigen die Überlebenszeit zu verlängern und bei etlichen Unheilbaren palliative Hilfe, Linderung von Schmerz und seelischer Not durch unsere nachsorgende Betreuung gebracht zu haben, dann hätte sich die aufgewendete Mühe gelohnt!" Soweit DICK. Im gleichen Jahr 1958 nimmt SCHMERMUND, ehemals Leiter der Urkiversitäts-Frauenklinik Hamburg-Eppendorf, ebenfalls Stellung zu Krebs als ganzheitlicher Erkrankung mit folgender Äußerung [62] :"Die Beobachtung, daß eine verhältnismäßig große Anzahl der Karzinome schließlich klinisch dennoch ausheilen, läßt den Schluß zu, daß es dem Organismus im Laufe der Ausheilungsvorgänge gelingt, mit den verbliebenen Karzinomzellen fertig zu werden. Diese reparatorische Leistung betrifft sowohl den Gesamtorganismus als auch das Gewebe in der Geschwulstumgebung. Die Nachbehandlung der Karzinomkranken in dieser Regenerationsphase bedeutet damit gerade nach Durchführung der auf die Ausschaltung des Geschwulstprozesses gerichteten eingreifenden Maßnahmen eine ganz besondere ärztliche Aufgabe. Wie wir heute auf Grund der allgemeinen Erfahrungen mit Sicherheit sagen können, ist eine sorgfältige Nachbehandlung operierter oder bestrahlter Patienten nahezu ebenso wichtig wie die Behandlung des Geschwulstprozesses selbst. Nach den allgemeinen klinischen Erfahrungen steht die Kräftigung des Allgemeinzustandes des durch das Karzinom und durch die Noxe der Behandlung geschwächten Organismus bei der Nachbehandlung im Vordergrund. Wie die Erfahrung immer wieder zeigt, nehmen die Erholungs- und Ausheilungsvorgänge Wochen und Monate in Anspruch". An anderer Stelle:„Bei der Behandlung bösartiger Geschwulstleiden muss einmal versucht werden, die Geschwulst selbst zu bekämpfen, zum anderen soll angestrebt werden, eigene Abwehrkräfte des Körpers gegen das Geschwulstgeschehen zu stützen oder zu mobilisieren. Zu allen Zeiten ist auf die Bedeutung einer solchen Zusatztherapie hingewiesen worden (vgl. Bauer, Herberger u.a.). Der Wert einer Zusatztherapie ist allgemein anerkannt, obwohl ihre, die körpereigenen Abwehrkräfte stützenden oder steigernden Effekte nicht immer wissenschaftlich exakt zu definieren sind". Soweit die einschlägigen Bemerkungen der erwähnten Onkologen, entnommen einer Gemeinschaftsarbeit aus der Medizinischen Klinik II der Städtischen Krankenanstalten Nürnberg. 1968 schrieb KARRER, damals Leiter des Instituts für Krebsforschung der Universität Wien [36]: "Auch der radikal operierte Patient ist weiterhin unbedingt als Tumorträger aufzufassen und dementsprechend zu behandeln. Wenn von den heutigen Medikamenten kaum zu erwarten ist, daß mit ihnen eine völlige Zerstörung aller soliden Tumorzellherde im Sinne einer "Therapia magna sterilisans" zu erreichen ist, müssen wir folgerichtig eine Langzeittherapie ins Auge fassen. Geht man von der Annahme aus, daß eine Operation oder eine Strahlentherapie Patienten mit Tumoren nur in einem relativ kleinen Prozentsatz von ihrem Tumorleiden wirklich befreien kann, so bleibt für den überwiegend großen Rest der Befallenen die Notwendigkeit einer ständigen ärztlichen Betreuung und entsprechenden Behandlung des derzeit nicht völlig heilbaren Leidens. Es käme danach vor allem darauf an, durch optimale Therapie das Leben des Patienten mit seinem Tumorleiden möglichst erträglich zu gestalten und das Ende so weit wie möglich hinauszuschieben". An anderer Stelle: „Von dieser Unterstützung hängt es ab, mit welcher Geduld die Patienten zu einer langdauernden Behandlung bereit sind. Solange der Patient anscheinend völlig gesund ist und die seinerzeitige Tumoroperation überstanden hat, wird die Bereitschaft zu einer solchen Behandlung nur auf das Vertrauen zum Arzt gestützt sein. Die Überzeugungskraft des Arztes wird aber wesentlich davon bestimmt, wie weit dieser selbst von der Zweckmässigkeit seines Vorgehens überzeugt ist. Dieser Umstand hängt aber nicht nur vom Studiengang und der klinischen Ausbildung, sondern auch vom Grad der ärztlichen Fortbildung ab. Soweit KARRER. Aus einem 1970 gehaltenen Vortrag von SCHMÄHL, Deutsches Krebsforschungszentrum in Heidelberg [61]. „Die Operation und die Bestrahlung stellen ihrem Wesen nach lokale oder höchstens regionale Eingriffe dar, die wohl den Primärtumor beeinflussen können, aber nicht die Metastasen“. Bei gleicher Gelegenheit: "Die hier vorgetragenen Befunde weisen darauf hin, daß es ein Abwehrvermögen des Körpers gegen Krebs geben muß, dessen Zusammenbruch möglicherweise erst die Voraussetzung zur Entwicklung der Geschwulst schafft". Des weiteren: "Die vorgetragenen Befunde haben übereinstimmend mit den Erfahrungen der Klinik, der Pathologie und dem Experiment gezeigtg daß es ein Abwehrvermögen des Körpers gegen Krebszellen geben muß. Diese Abwehrfunktionen können sowohl als eine Leistung des gesamten Organismus gedeutet werden, als auch einen organtypischen Charakter tragen. Wenn wir auch den Begriffen wie Abwehrkräfte des Körpers oder Milieubedingungen noch keine substantiell fassbaren Korrelate zuordnen oder gar sie lenken können, so wissen wir doch heute vor allem aus den experimentellen Erfahrungen, daß diese Dinge existent sind und beim Krebs- und Metastasenwachstum eine wichtige Rolle spielen“. An anderer Stelle: "Denn der beste Arzt und Therapeut ist auch heute noch derjenige, der es versteht, die natürlichen Abwehrreaktionen des Körpers gegen eine Krankheit zu erkennen und sie durch therapeutische Eingriffe zu unterstützen oder nachzuahmen. Solange uns aber ein wissenschaftliches Verstehen der erkennbaren Phänomene und der Bedingungen des Krebswachstums fehlt, so lange müssen wir uns mit den heute gebräuchlichen, relativ groben therapeutischen Massnahmen vertraut machen, diese weiter studieren, vervollkommnen und verbessern um den Patienten helfen zu können!'. Soweit SCHMÄHL. HÖHNE [29] schreibt 1972.: "Eine große Zahl von Hilfsmethoden stellt - in geeigneter Kombination - einen Hauptpfeiler der heute weit verbreiteten nachgehenden Krebskrankenfürsorge in Form einer sog. Zusatztherapie oder Ergänzungsbehandlung dar. Diese Massnahmen kommen schon während der eigentlichen Krebsbehandlung zur Anwendung und werden posttherapeutisch konsequent über viele Monate, gelegentlich bis zu einigen Jahren weitergeführt. Bei allen Krebserkrankungen der Frau hat eine derartige Metaphylaxe eine erhebliche Ausweitung erfahren, und sie wird von Kirchhoff und vielen anderen Gynäkologen mit Recht als eine dritte Waffe im Kampf gegen den Krebs bezeichnet. Solche Massnahmen haben ihre prinzipielle Berechtigung in der nicht zu leugnenden ärztlichen Erfahrung, dass das Schicksal eines Krebskranken keinesfalls immer nach Abschluß der operativen oder Strahlenbehandlung entschieden sein muß, sondern offensichtlich in einem gewissen, wenn auch nicht zahlenmäßig belegbaren Ausmaß von günstigen inneren und äußeren Bedingungen und manchen bekannten oder unbekannten Faktoren mitbestimmt wird. Schnelle und voreilige Resignation des Arztes angesichts einer möglicherweise ungünstigen Prognose einer Krebserkrankung wäre andererseits das Schlechteste, was gegen den Krebs unternommen werden kann." Soweit HÖHNE. GRUNDMANN, vormals Leiter des Pathologischen Instituts der Universität Münster und Nachfolger des für ganzheitsmedizinische Aspekte sehr aufgeschlossenen SIEGMUND, hob gelegentlich des Internistenkongresses 1973 in Wiesbaden hervor, "daß das Schicksal der Krebskranken - unabhängig von der Effizienz vorausgehender operativer oder radiologischer Maßnahmen - vorwiegend von der zwischen der körpereigenen Resistenz und der Virulenz des Tumors sich abspielenden Bilanz abhinge. Dieser Autor war auch an 5.2 beteiligt. Zum Abschluß des Deutschen Krebskongresses 1986 in München stellte GEORGI, damals Generalsekretär dieser größten Veranstaltung der deutschen Onkologen, fest: "Das Krebsproblem ist nicht zu lösen". Und es sagte GALLMEIER, Vorstand der 5.Medizinischen Klinik und des Instituts für medizinische Onkologie in Nürnberg: "Wir sind nicht zum Heilen berufen, wir haben nicht die Verpflichtung zum Heilen. Unsere Verpflichtung ist es vielmehr, dem Krebskranken als Begleiter auf seinem Schicksalsweg alles, was heute menschenmöglich ist, zukommen zu lassen, alles an technischer Medizin, an medikamentöser Behandlung, an psychischer Betreuung". G.A.NAGEL, damals Präsident der Deutschen Krebsgesellschaft, kennzeichnete in einem 1987 veröffentlichten, aufsehenerregenden Spiegel-Gespräch die Problematik der aktuellen Krebstherapie mit den Worten "Wir müssen lernen, mit dem Versagen umzugehen" [48]. Siehe auch 4.1 und 5.5. 1962 ist bei BARTELHEIMER, MAURER und Mitarbeitern [9] zu lesen: "Eine Geschwulstbehandlung endet nicht mit der operativen Entfernung einer Geschwulst oder deren Bestrahlung bzw. kombinierten Behandlung, sondern sie erfordert auch eine sehr gründliche Nachsorge. Hierunter verstehen wir nicht allein die in regelmässigen Abständen vorzunehmenden Kontrolluntersuchungen, sondern auch die Fürsorge für den behandelten Patienten. Die Führung des Krebskranken muß in enger Fühlungnahme zwischen dem Hausarzt und dem ihn beratenden Arzt, der die entscheidende Therapie durchgeführt hat, stattfinden". Die gleichen Autoren an anderer Stelle: "Nachuntersuchungen behandelter Genitalkarzinome sollen gleichzeitig Voruntersuchungen hinsichtlich anderer maligner Tumore sein". - Auf das Thema der Zweit- und Mehrfachtumore wird in 7.0 näher eingegangen. HOLDER, MEYTHALER und DU MESNIL DE ROCHEMONT berichten in ihrer Gemeinschaftsarbeit [31] 1966 Folgendes: "Durch die sinnvolle Ausschöpfung aller therapeutischen Möglichkeiten läßt sich in vielen Fällen der Krebstod verhindern, bei manchen anderen Kranken um Monate und sogar Jahre hinausschieben, ein Erfolg, der bei manchen anderen, viel weniger als schicksalhaft empfundenen Leideng wie Herz- und Gefäßerkrankungen, nicht mit gleicher Konsequenz zu erzielen ist." An anderer Stelle: „Den Abwehrkräften des Körpers kommt bei der endgültigen Vernichtung der geschädigten, aber nicht zerstörten Krebszellen eine wesentliche Bedeutung zu. Wir halten deshalb die Allgemeinbehandlung des Krebskranken mit dem Ziel, diese Abwehrkräfte zu stärken, für ausserordentlich wichtig und möchten der immer noch nicht ausgerotteten Auffassung, mit der Operation und der Bestrahlung sei der Tumor überwunden und der Organismus brauche nur noch die dabei gesetzten Schädigungen zu reparieren, energisch widersprechen. Man muss sich immer wieder vergegenwärtigen, daß trotz zureichender Behandlung lebensfähige Krebszellen im Körper zurückbleiben, denn die operative Behandlung ist nicht in der Lage, die weitere Umgebung des Tumors und die Metastasenbahnen restlos zu säubern. Deshalb ist die Nachbehandlung ebenso wichtig wie die Operations- und Bestrahlungsmassnahmen, denn sie dient dazu, dem Körper die notwendigen Abwehrkräfte zurückzugeben, die ihm durch die Tumorerkrankung genommen waren. |
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