von Dr.med. Karl Konrad Windstosser
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II. | Allgemeiner und historischer Teil |
Im Jahre 1985 erschien - wieder im Zuckschwerdt Verlag - die aus der von
Frau Prof. OEPEN "bemutterten“ Inauguraldissertation von BÄRBEL
JANSSEN entstandene Studie "Unkonventionelle Methoden in der
Krebstherapie“ [1]. In Fortsetzung und Ergänzung der Darstellung
"Krebsmedikamente mit fraglicher Wirksamkeit" äußert sich
die Autorin zum Teil sehr ausführlich, aber natürlich wieder aus rein
orthodoxer Sicht auf 97 Seiten über eine Auswahl von Mitteln und
Methoden der "alternativen" Diagnostik und Therapie. Sie
versucht, diese in Bezug auf ihren experimentellen, wissenschaftlichen
und weltanschaulichen Gehalt zu durchleuchten..Dabei erscheint als
Kernproblem immer wieder, wie es in dem Vorwort von OEPEN und NAGEL
heißt, "der Gegensatz logisch rationaler und empirisch-mystischer
Schau des Krebsgeschehens“. - "Er kennzeichnet nicht nur die
Krebsmedizin, er findet sich auch in den Hoffnungen, Vorstellungen und
Ansprüchen der meisten Krebskranken, er fand sogar seinen Niederschlag
in der Arzneimittelgesetzgebung, die für Krebsmedikamente der
Schulmedizin andere Verfahren der Prüfung, Einführung und Überwachung
vorsieht wie für nicht-schulmedizinische Mittel und Methoden“.
Die Autorin gibt zu, daß die "naturwissenschaftlich“ begründete sogenannte Schulmedizin trotz aller Erfolge bei der Therapie von Frühstadien eine allgemeingültige und sichere Methode zur Beherrschung "fortgeschrittener" Krebserkrankungen bisher noch nicht gefunden hat. Diesem Umstand sei es zuzuschreiben, daß eine kaum überschaubare Zahl der paramedizinischen Heilmethoden auf dem Gebiet der Onkologie angeboten wird". 23,5 % der Krebspatienten nähmen unkonventionelle Therapiemaßnahmen in Anspruch, über 50 % würden zeitweilig mit solchen "konfrontiert". Nicht erwähnt wird, daß die Dunkelziffer wesentlich höher, nämlich bei rund 80 % liegen dürfte. Die Verfasserin berichtet ferner in eigener Sache, daß sie zur intensiven Beschäftigung mit der Materie durch das Miterleben des Schicksals einer Patientin gefunden habe, die in auswegloser Situation ihres Geschwulstleidens vergebliche und enttäuschende Hilfe bei der "alternativen" Therapie gesucht habe. Es mag die Frage erlaubt sein, ob unter dem nachhaltigen Eindruck eines solchen, persönlich tief erschütternden Erlebnisses der zu einer literarischen Stellungnahme notwendige Abstand und die wünschenswerte Objektivität gewährleistet ist. Darf nicht andererseits den Ärzten, die unter den immer wiederkehrenden Tragödien orthodox behandelter Krebsopfer ebenso leiden wie deren Angehörige, das gleiche Recht, ja, die Pflicht zugestanden werden, sich aus Gewissensgründen den "alternativen" Heilmethoden zuzuwenden ? Und dies umso mehr, wenn sie dann den einen oder anderen Erfolg in progressiven Verläufen damit erleben ! Es folgt die in der Lehrmedizin übliche Definition des Begriffes "Krebs" als primär zelluläre Veränderung, ausgelöst durch endogene und exogene Noxen, Karzinogene, onkogene Viren und körpereigene Onkogene. Immunologische Abwehrmechanismen werden zwar anerkannt, aber nur sofern sie sich im Tierversuch nachweisen lassen. Körpereigene Immun- und Repairvorgänge werden nicht erwähnt, obwohl für diese wissenschaftliche Nachweise am Menschen vorliegen. Konsequenterweise steht im Kapitel "Therapie" die tumorbezogene Dreiheit der orthodoxen Klinik im Mittelpunkt, für deren Effizienz die bekannte, zwischen 1977 und 1982 in den USA erhobene Studie von DE VITA angeführt wird. In dieser stehen einer Million diagnostizierter Krebserkrankungen 421 000 Fünfjahresheilungen gegenüber (42,1%) einschließlich der bemerkenswerten Erfolgsquoten beim kindlichen Rhabdomyosarkom mit optimal 80 – 90 % und bei den akuten lymphatischen Leukosen mit etwa 70 %. Des weiteren wird "Das Krebsproblem aus der Sicht der unkonventionellen Ärzte" kritisch kommentiert. Sie anerkennt keine lokale Genese, sondern postuliert eine primär systemische "Krebskrankheit", auf deren Basis sich nach verschieden langer Latenzzeit die Gescbwulst entwickelt. Der von WARBURG begründeten Lehre des obligaten Gärungsstoffwechsels der Krebszelle wird entgegengehalten, daß sich dieser Vorgang bei neueren Untersuchungen verschiedener Malignomgewebe durch SCHNEIDER nicht als charakteristisch erwiesen habe. Deshalb seien alle auf die Beeinflussung der anaeroben Glykolyse abzielenden Therapieformen anzuzweifeln. Sodann setzt sich die Autorin mit diversen wissenschaftlich nicht anerkannten diagnostischen Methoden auseinander, zitiert dabei allerdings 5 solche, die völlig obsolet sind und wohl von keinem "Außenseiter" mehr verwendet werden. Sie finden beispielsweise schon 1974 bei WINDSTOSSER „Die Summationsdiagnostik auf Karzinom und Präkanzerose“ (2) keine Erwähnung mehr. Beim Thema "Erbliche Veranlagung" unterlief der Verfasserin gleich im ersten Satz insofern ein Fehler, als sie die Unterscheidung zweier vegetativ bedingter Reaktionstypen für eine Theorie der "Außenseiter" hält und sie ISSELS zuschreibt. In Wirklichkeit werden die konstitutionellen Unterschiede mit verschiedener Nomenklatur seit jeher auch von der wissenschaftlichen Medizin anerkannt und berücksichtigt. Die Bezeichnung mit A und B sowie die daraus resultierende therapeutische Nutzanwendung geht beispielsweise auf Prof. LAMPERT zurück, der 1981 kurzfristig der Kommission "Krebsmedikamente mit fraglicher Wirksamkeit" angehörte (3-0). Bei sorgfältigerem Quellenstudium wäre dieser faux pas vermeidbar gewesen. Der in der Ganzheitsmedizin entwickelten, auf grundsätzlich anderen Voraussetzungen beruhenden Diagnostik wird eine umfangreiche Darstellung der hochentwickelten klinisch-medizinischen Erkennungsmethoden gegenübergestellt, die jedem Arzt geläufig sind. Sie kranken nicht weniger als jene am Risiko der Fehldeutung und der Unspezifität. Gerade deshalb und unter Einbeziehung der "Dyskrasien", die der Geschwulst- bildung jahre-, jahrzehntelang vorausgehen, sucht die Ganzheitsmedizin nach neuen diagnostischen Wegen. Wer allerdings am Irrtum des ausschließlich zellulären Krankheitsvorganges festhält, ist schwerlich fähig umzudenken. Daß eine Frühdiagnose auf humoraler Basis, etwa auch mit meßtechnischen Verfahren, in vielen, wenngleich nicht allen Fällen möglich ist, kann der Verfasserin des Buches nicht bekannt sein. Stützt sie sich doch fast in jedem Satz auf negative, oft sachunkundige Kritik und Beratung. Es würde eines eigenen Buches bedürfen, um all diese vorgebrachten Einwände richtigzustellen. Die Technik des in seiner Aussagekraft mehrfach klinisch erprobten Bolen-Heitan-Testes wird ungenau wiedergegeben, eine Folge fehlender eigener Erfahrung. Humorale, dyskrasische und mesenchymale Veränderungen werden grundsätzlich abgelehnt. Damit fallen nach Meinung der Verfasserin alle diesbezüglichen Untersuchungsverfahren wie die Bioelektronische Funktionsdiagnostik, die Bewertung des Herd- und Störfeldgeschehens, die hämatologische Dunkelfelddiagnostik, die Dreifaktoren-Messung nach Prof. VINCENT usw. unter den Begriff "Illusion", obwohl sich gerade diese Verfahren technisch hochentwickelter Geräte bedienen, die eine objektive Ablesung und Nachprüfung erlauben. Das zum Verständnis der "Abwehrschwäche“ unentbehrliche Standardwerk von PISCHINGER "Das System der Grundregulation" (14.0.) wird gar nicht erwähnt und fehlt in der Literaturangabe. Insofern darf auch kein Verständnis für die immunkompetente Funktion des Bindegewebes, für die Bedeutung der Mesenchymblockade usw. erwartet werden. Die Thermoregulationsdiagnostik bleibt unerwähnt, ebenso die POPPsche Forschung über die Biophotonen. Die Phänomene der Geopathie sind selbstverständlich alle "unbewiesen", d.h. Spinnerei. Ebensowenig gibt es die von den "Außenseitern" erträumte "Immuntherapie“, sei es mit spezifischen oder unspezifischen Antigenen, wobei man konsequenterweise dann allerdings nicht die (vom Konzept her falsche) intra- und epitumorale BCG-Anwendung ins Treffen führen sollte. Auch die von LANDSBERGER, HAGER, THEURER u.a. entwickelte und propagierte Behandlung mit zytoplasmatischen Substanzen, insbesondere mit Thymus- präparaten, beruhe auf falschen Vorstellungen und habe "ernsthaften Nachprüfungen nicht standgehalten". Ausführlichere Würdigung findet sodann die generelle und lokale Wärmebehandlung und deren Modifikation als Krebs-MehrschrittTherapie (KMT) nach VON ARDENNE. Leider fehlen auch hier der Verfasserin bzw. ihren Beratern unmittelbare Erlebnisse und selbstgebildete Urteile, obwohl gerade auf dem Gebiet der Hyperthermie und Hyperpyrese mit und ohne additive Therapeutika der Schule hoffnungsvolle Ansätze vorliegen. Andernfalls würden wohl die experimentellen Studien in den Universitätskliniken Essen, Erlangen, München usw. nicht mit unvermindertem Eifer fortgesetzt. Es wurden ferner die auf dem Internationalen Hyperthermiekongreß 1987 in Dresden eindrucksvoll demonstrierten Erfolgszahlen mehrerer mit der KMT-Methode routinemäßig behandelnder Kliniken der (ehemaligen) DDR und des Ostblockes nicht in die Betrachtung mit einbezogen. Das von DIETZEL stammende Zitat, "die KMT nach VON ARDENNE hält weder einer Durchleuchtung vom Konzept her noch einer Reproduzierbarkeit der experimentellen Ergebnisse stand", kann bei Kenntnis der Tatsachen nicht aufrecht erhalten werden. Ebenso falsch ist der Einwand von ENGELHARDT, der KMT liege eine "rein mechanistisch-technologische Betrachtungsweise des Problems" zugrunde, weil gerade die einseitig somatisch-zelluläre Auffassung der klassischen Onkologie durch die systemisch und nicht lediglich lokal wirksame Überwärmung (und zusätzlich metabolische Behandlung auch bei VON ARDENNE) ihre Widerlegung erfährt. Hinsichtlich der Sauerstoff- und Ozontherapie muß SCHNITZER et al. recht gegeben werden, daß zumindest im bundesdeutschen Bereich "Ergebnisse kontrollierter klinischer Studien, die einen eindeutigen Zusammenhang zwischen hypoxischen Zuständen und der Begünstigung zahlreicher Krankheiten belegen würden, derzeit nicht vorliegen". Einstweilen aber dürfen abwertende Beurteilungen solcher durch "Außenseiter" erfolgreich durchgeführter Behandlungsverfahren weder abgegeben noch kolportiert werden. Über die Misteltherapie liegt eine solche Fülle internationalen Schrifttums mit positiven Bewertungen vor, daß die damit erzielbaren Erfolge eigentlich nicht mehr geleugnet werden können. Die Lukas Klinik in Arlesheim unter ihrer ehemaligen Leiterin Frau LEROI und eine Reihe weiterer auf diesem Gebiet erfahrener oder forschender Ärzte wie LORENZ, VESTER, WOLFF u.a. sind dem Geheimnis der Mistel seit Jahrzehnten auf den Grund gegangen. Es liegen die Erfahrungen Hunderter von Therapeuten an Tausenden von Krebskranken aller Stadien vor. Ist es nicht bezeichnend, daß VESTER, der 1975-77 mit Unterstützung des Max- Planck-Instituts die Mistelwirkung tierexperimentell untersucht und ihre Inhaltsstoffe analysiert hat, die Mittel für weitere Studien entzogen bekam, als diese zu eindeutig positiven Ergebnissen führten? Natürlich hat man dann einen Vorwand, solche Mittel als "wissenschaftlich nicht überprüft" abzustempeln und sie unter die "unkonventionellen Methoden" einzureihen. Es erübrigt sich und würde nur unnötigen Raum beanspruchen, auch über den Rest der aufgeführten unkonventionellen Mittel und Methoden hier zu diskutieren. Sie umfassen die proteolytischen Enzyme, die KOCHsche Molekulartherapie und die diätetischen Maßnahmen. In letzterem Punkt ist besonders zu bedauern, daß auf den seit 1982 in deutscher Übersetzung vorliegenden Report des National Cancer Institute kein Bezug genommen wurde, der den von der "Außenseitermedizin" schon lange behaupteten Zusammenhang zwischen Krebs und Ernährung in kausaler und therapeutisch-adjuvanter Hinsicht bestätigt. Andererseits wird auch hier wieder auf die zur Beweisführung ungeeigneten Tierexperimente hingewiesen. Die hier vorliegende Besprechung des JANSSENschen Buches konnte nur die wichtigsten Teile desselben erfassen. Insgesamt verbleibt beim Leser der Eindruck einer zwar mit enormem Fleiß, jedoch an Hand vorwiegend kontroverser Information und Literatur rein kompilatorisch geschriebenen Arbeit. Die offenbar noch junge Autorin konnte nicht aus eigener Erfahrung schöpfen und war - sicher bereits bei der Abfassung ihrer Dissertation - kritiklos der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen und Beratungen ausgeliefert. Der Tenor des Buches ist deshalb und seinem Titel gemäß skeptisch bis ablehnend. Seine geistige Herkunft aus dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Marburg und das von den Professoren OEPEN und NAGEL gezeichnete Vorwort lassen nichts anderes erwarten. Die darin aufgeworfene Frage nach "Lösungsvorschlägen, wie dem Krebsproblem sowohl vom schulmedizinischen als auch vom paramedizinischen Standpunkt aus patientengerecht beizukommen sei“, wird durch solche Publikationen weder beantwortet noch ist der Annäherung der beiden Fronten auf diese Weise irgendwie gedient. |
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NEU: www.windstosser-museum.info
Zu
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